2024-06-13T13:28:56.339Z

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Die Nummer zwei in Südbaden: der Bahlinger SC | Foto: Matthias Konzok
Die Nummer zwei in Südbaden: der Bahlinger SC | Foto: Matthias Konzok

Bahlinger SC: Ein kleiner Verein kommt groß raus

Der Bahlinger SC und das "Abenteuer Regionalliga" +++ BSC will sich treu und weiterhin offensiv bleiben

Die "beste Saison aller Zeiten" hat nach eigener Darstellung der Bahlinger Sport-Club hinter sich - mit dem erstmaligen Aufstieg in die Regionalliga Süd-Südwest und dem Erreichen der ersten Hauptrunde im Pokalwettbewerb des Deutschen Fußball Bundes. Was aber nicht heißen soll, dass die bevorstehende Saison nicht noch besser werden könnte: Das ist jedenfalls das eindeutige Fazit einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Gesprächsreihe "BZ-Dialog" in der Bahlinger Winzergenossenschaft - was nicht weniger heißt, als dass der BSC zumindest den Verbleib in der vierthöchsten deutschen Spielklasse für ein nicht unmögliches Unterfangen hält.
Was das "Abenteuer Regionalliga" für die Winzergemeinde am Kaiserstuhl bedeute, gibt Holger Knöferl, der stellvertretende BZ-Chefredakteur, als Thema vor. "Wenn das ein Verein aus einer vergleichsweise kleinen Ortschaft schafft, wird das über die Region hinaus wahrgenommen", stellt Bürgermeister Harald Lotis fest, der Verein sei auf jeden Fall ein guter Werbebotschafter für Bahlingen. Für ihn persönlich bedeute dies, "es nun mit Oberbürgermeistern aus Orten ganz anderen Kalibers zu tun zu haben".

"Wenn es jemand verdient hat, dann ihr", lobt Fritz Keller den BSC. Dieses Urteil gibt er nicht nur in seiner Eigenschaft als Präsident des SC Freiburg, der fußballerischen Nummer eins in Südbaden ab, sondern auch als Nachbar aus Oberbergen, den nur etwa vier Kilometer "übern Berg" von der Bahlinger Ponderosa trennen. Damit der Gemeinsamkeiten nicht genug: Alle seine Söhne spielten beim BSC, Filius Vincent zählte gar kurzfristig zum Aufgebot der Aufstiegsmannschaft. Gleichwohl will Keller beim Regionalliga-Derby zwischen dem SC Freiburg II und dem BSC "bei aller Sympathie" eher dem Verein die Daumen drücken, "für den ich die Verantwortung trage".

"Ich bin in meiner Zeit beim Sportclub auch drei Mal aufgestiegen - und weiß wie anstrengend die Feiern sind", bekundet Keller Verständnis für die Nachbarn, die nicht zuletzt auch von der hoch geschätzten Nachwuchsarbeit seines Sportclubs profitieren würden. Rund 40 an der Freiburger Fußballschule ausgebildete Spieler hätten teils über Umwege in der Vergangenheit im Kaiserstuhlstadion eine neue Heimat gefunden. Bahlingen sei "der nächste Schritt in die Region".

Dies ist denn auch eine Zielgruppe, die August Zügel nicht aus dem Blick verliert. In dritter Generation eingefleischter BSCler, ist der langjährige Spieler und Trainer für die sportliche Leitung am Kaiserstuhl zuständig. "Wir schauen immer zum Sportclub", erzählt der 66-Jährige, "wenn es die Spieler dort nicht gleich in den Profi-Kader schaffen, sollen sie in die Welt hinaus ziehen. Aber im Alter von 24 Jahren ist der Zug manchmal abgefahren, die Spieler sitzen 500 Kilometer von zu Hause auf der Ersatzbank - und Ihnen fällt die Decke auf den Kopf."

Der BSC kann Nestwärme und einen Ausbildungsplatz bieten

An dieser Stelle wird es für den BSC interessant. Er kann die vermisste "Nestwärme" bieten und dazu vielleicht einen Ausbildungsplatz - mit dem Effekt, dass Akteure auch auf dem Fußballplatz regelrecht aufblühen, wie in der Aufstiegssaison zum Beispiel ein Erich Sautner. Auf dieser Basis kann Milorad Pilipovic, ehemals Bundesliga-Profi beim Karlsruher SC und in der zweiten Liga beim SC Freiburg, sein Traineramt "voll konzentriert" fortsetzen. Das heißt für den gebürtigen Serben, der zuvor die Freiburger Bundesliga-Frauen betreute, vor allem auch, sich treu zu bleiben. So wollen die Bahlinger den Klassenerhalt in der Regionalliga keineswegs mit einer Riegel-Taktik realisieren, sondern "ohne Wenn und Aber" weiter auf ein offensiv ausgerichtetes, flüssiges Kurzpassspiel, auf Pressing und schnelle Balleroberung setzen. "Wir haben einen Level erreicht, haben richtig gut Fußball gespielt", stellt Pilipovic fest. Seine Kollegen in der neuen Liga haben zum Teil schon Bundesligisten trainiert, wie Falko Götz und Michael Wiesinger.


Auf dem Podium (von links): Holger Knöferl, stellvertretender BZ-Chefredakteur, Sportressortleiter Michael Dörfler, SCF-Präsident Fritz Keller, Bürgermeister Harald Lotis, BSC-Vorsitzender Dieter Bühler, Sportchef August Zügel, Trainer Milorad Pilipovic, Bühlers Stellvertreter Hans-Joachim Meyer und BZ-Sportredakteur Matthias Kaufhold | Foto: Patrick Seeger

Dieter Bühler ist nicht nur als ehemaliger Finanzminister, heute als Vorsitzender, wandelndes Gedächtnis und inoffizieller Geschäftsstellenleiter ein "angefressener" BSCler - er ist auch das Gesicht des Vereins, etwa bei der DFB-Pokalauslosung in der ARD. Er hat "jetzt noch eine Gänsehaut" wenn er an das entscheidende Aufstiegsspiel im pfälzischen Hauenstein denkt. Es sei der "absolute Höhepunkt" in den vielen Jahren seiner Tätigkeit für den BSC gewesen. Fünf Fanbusse machten die Tour mit, darunter mehrere Dutzend Anhänger aus dem Elsass, und "viele, die ich selbst in Bahlingen noch nicht gesehen habe".

Der Analytiker Bühler, der einfühlsam-ehrgeizige Sportchef Zügel, der leidenschaftliche Trainer Pilipovic und er selbst als Experte für Verbindungen aller Art stehen nach Ansicht von Hans-Joachim Meyer beispielhaft für das Bahlinger Erfolgsgeheimnis: "Unsere Stärke liegt auch in der Verschiedenheit der einzelnen Leute", kombiniert der stellvertretende Vorsitzende und Fachmann fürs Sponsoring. "Wir wissen wie es unten riecht, und finden die Luft oben besser", ergänzt er. Manchmal müsse man in größeren Dimensionen denken, erklärt er, "wir haben eine Vision formuliert". Die rund fünf Dutzend Zuhörer nehmen's dankbar als Versprechen für die kommende Saison und applaudieren angeregt.
Aufrufe: 023.7.2015, 00:00 Uhr
Claus Zimmermann (BZ)Autor