2024-04-25T08:06:26.759Z

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Die Welt per Fußball: Edgar Bernhardt. Foto: Meiko Haselhorst
Die Welt per Fußball: Edgar Bernhardt. Foto: Meiko Haselhorst

Bad Essener und die ganze Welt des Fußballs

Edgar Bernhardt war schon Profi in Thailand und im Oman – Seit zwei Jahren in kirgisischer Nationalelf

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Profifußballer wollte er werden, schon als Kind. Und Nationalspieler auch. Hehre Ziele. Beide hat er erreicht – wenn auch etwas anders als gedacht. Vielleicht, so mutmaßt Edgar Bernhardt und lacht, habe er seinen Traum in seinen Gebeten damals etwas missverständlich formuliert.

„Aber beklagen möchte ich mich nicht“, schiebt er hinterher. Das wäre auch etwas undankbar. Der Fußball hat dem neuen Mittelfeldspieler des SVR schließlich ein Leben beschert, von dem die meisten Regionalligaspieler nur träumen können.

Angefangen hatte alles beim TuS Levern im Kreis Minden-Lübbecke. Bernhardt – seine Familie war kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vom damaligen Kirgisien nach Stemwede gezogen – trat dort als Zehnjähriger zum ersten Mal gegen den Ball. „Ziemlich spät“, findet der heute 30-Jährige. Doch er hatte Talent und Ehrgeiz. Schon in der C-Jugend wechselte er zu Preußen Espelkamp, eine Altersklasse weiter stand er beim VfL Osnabrück auf dem Platz. Später ging’s zu Eintracht Braunschweig und zum Wuppertaler SV.

Durchaus klingende Namen in der Welt des Fußballs. Was als Zwischenstation auf dem Weg in die erste oder zweite deutsche Liga gedacht war, erwies sich tatsächlich als Sprungbrett – allerdings ins Ausland. Scouts und Berater lotsten ihn zunächst nach Holland, dann nach Polen und Finnland – wo er mit seinen Mannschaftskollegen genauso viel Zeit in der Sauna wie auf den Plätzen zwischen Turku und Helsinki verbrachte.

„Hat sich alles so ergeben“, sagt Bernhardt. „Geplant war das nicht.“ 2014 ging es für ihn sogar noch viel weiter in die Welt hinaus, Bernhardt kickte ein Jahr in der ersten thailändischen Liga, dann wechselte er in den Oman, ebenfalls oberste Spielklasse. „Da stand die Bezahlung im Vordergrund“, räumt Bernhardt ein. Für Fußball sei in besagten Ländern erstaunlich viel Geld da.

Längst hatte er aber auch den Reiz eines Daseins als Fußball-Weltenbummler entdeckt. Von überall nahm er Erfahrungen, Wissen und Erinnerungen mit. „Ich habe Polnisch, Englisch und Holländisch gelernt“, fasst Bernhardt seine sprachlichen Errungenschaften zusammen. Über das Holländisch freue sich vor allem sein jetziger holländischer Trainer beim SV Rödinghausen, Alfred Nijhuis.

„In Thailand waren Essen und Leute super – und ich habe ein Jahr lang direkt an einem Traumstrand gewohnt. Im Oman auch“, erzählt Bernhardt weiter. Dort sei es allerdings so heiß gewesen, dass seine Badeschlappen in der Sonne buchstäblich dahingeschmolzen seien. „Und vielen Menschen dort haben meine Tattoos nicht gefallen – vor allem das auf dem Rücken nicht“, sagt er und hebt die Augenbraue. Auf dem Rücken trägt er ein großes Christenkreuz.

Hauptgrund für seine Rückkehr nach Deutschland war allerdings seine Familie. Bernhardt unterschrieb also zunächst einen Vertrag in Cottbus. Da seine Eltern immer noch in Stemwede und Frau und Tochter in Bad Essen an der niedersächsischen Grenze leben, wanderte er aber schon nach wenigen Wochen weiter nach Rödinghausen. Hier soll erst mal Schluss sein mit dem Dasein als Wandervogel.

Aufs Reisen muss Bernhardt allerdings auch künftig nicht verzichten: Seit zwei Jahren spielt er für die Nationalmannschaft – und zwar für die kirgisische. In Kirgistan, so Bernhardt, seien seit einiger Zeit doppelte Staatsangehörigkeiten möglich. Somit ging letztlich auch dieser Kindheitstraum – etwas anders als geplant – in Erfüllung.

„Dass ich jetzt dort spiele, hat mit Geld nichts zu tun“, sagt Bernhardt. Nationalstolz? Auch nicht. „Meine Familie kommt aus allen möglichen Gegenden dieser Welt“, sagt er und winkt ab – da kenne er so etwas nicht wirklich. Sein Mitwirken in der Nationalelf sehe er in erster Linie als weiteres Abenteuer.

Durchaus nachvollziehbar – allein die Testkicks und die Spiele zur WM-Quali 2018 brachten ihn unter anderem unentgeltlich nach Australien, China und Bangladesch. „Und man sieht da schon etwas mehr als nur das Stadion“, sagt er.

Während für sein Land bereits in der Vorausscheidung Endstation war, läuft es für ihn persönlich auch im Nationalteam rund. Möglicherweise werde er demnächst sogar zum Mannschaftskapitän befördert, sagt er. „Mein Trainer baut auf mich, auch wenn ich hier in Deutschland nur in der 4. Liga spiele“, sagt Bernhardt.

Im Anschluss an das Rödinghauser Spiel gegen Aachen ging es wieder in den Fernen Osten. Zwei Freundschaftsspiele gegen Libanon und Turkmenistan standen auf dem Programm. Danach zurück nach Rödinghausen. „Manchmal echt stressig“, räumt der 30-Jährige ein. Immerhin: Bei Frau und Tochter kann er Ruhe und Kraft tanken – die sind jetzt (fast) immer in der Nähe.

Aufrufe: 018.10.2016, 13:50 Uhr
Wittlager KreisblattAutor