2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche
Seit dieser Saison bei der Spvgg. Neckarelz zwischen den Pfosten. Der Wiesbadener Volkan Tekin. Archivfoto: Galm.
Seit dieser Saison bei der Spvgg. Neckarelz zwischen den Pfosten. Der Wiesbadener Volkan Tekin. Archivfoto: Galm.

"Auswärts macht es noch mehr Spaß"

Ehemaliger Wiesbadener und Biebricher Volkan Tekin startet beim Regionalligisten Neckarelz durch +++ Deutscher A-Jugendmeister 2009 mit Tuchel, Schürrle und Co. +++ SVW-Fusion mit Wehen "schwachsinnig"

WIESBADEN/NECKARELZ. Während des Gesprächs bricht zweimal die Telefonverbindung ab. "So ist das eben, wenn man auf dem Dorf wohnt", muss Volkan Tekin schmunzeln. Der ehemalige Spieler des SV Wiesbaden und FV Biebrich hütet seit dieser Saison in der Provinz des Rhein-Neckar-Gebiets für die Spvgg. Neckarelz in der Regionalliga Südwest die Pfosten. Und hat sich nach anfänglicher Rotation in den letzten sechs Spielen als Stamkeeper etabliert. Highlight: Beim Gastspiel bei den Offenbacher Kickers hielt er die Null. Der 25-jährige, im Jahr 2009 Deutscher A-Jugend-Meister mit Mainz 05 und Thomas Tuchel, über seinen aktuellen Klub, prominente Whatsapp-Gruppen und die Fusionspläne seines ehemaligen Klubs.

FuPa: Hallo Volkan, die letzte Saison hast du in der Verbandsliga bei Biebrich angefangen, dann warst du ein halbes Jahr in der Oberliga bei Gonsenheim. Und jetzt bist du Stammkeeper in der Regionalliga. Läuft bei dir, oder?

Tekin: (lacht) Ja, es läuft jetzt wieder! Ich habe ja schon vor ein paar Jahren Regionalliga-Erfahrung sammeln können. Der Reiz ist nun wieder da. Obwohl ich zunächst überlegt hatte, einen anderen Weg zu gehen und mir beruflich etwas aufzubauen. Es macht mir Spaß hier.

FuPa: Wie kam der Wechsel zustande? Hattest du auch noch andere Angebote?

Tekin: Es waren noch einige Regionalligisten an mir interessiert. Welche das waren, verrate ich aber nicht (lacht). Letztendlich habe ich bei Neckarelz für ein Jahr unterschrieben, da meine Freundin hier wohnt.

FuPa: Was ist Neckarelz für ein Verein? Und Was sind eure Ziele für diese Saison?

Tekin: Von der Infrastruktur ist das schon ein kleiner Verein, nicht zu vergleichen mit den großen Teams hier wie Offenbach oder auch den Reserveteams wie zum Beispiel Freiburg II. Das Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt. Ich hatte mir zwar insgeheim erhofft, etwas mehr erreichen zu können, doch am Saisonstart waren wir nicht so gut und haben aus den ersten neun Spielen nur vier Punkte geholt. Aber in den letzten sechs Spielen sind wir ungeschlagen geblieben. Die Mannschaft hat sich gefunden und ist zusammengeschweißt.

FuPa: Für Außenstehende ist die Regionalliga teilweise paradox: Traditionsvereine wie die Offenbacher Kickers, Waldhof Mannheim oder Saarbrücken spielen in einer Klasse mit kleineren Teams wie Neckarelz oder Steinbach..

Tekin: Ja, die Regionalliga ist schon eine komische Liga. Mal spielt man vor 300 Zuschauern und dann in einem echten Stadion mit über 5000 Zuschauern wie letztens in Offenbach. Auch wenn die Fans gegen dich sind, ist es trotzdem eine richtig geile Atmosphäre, die dich extrem pusht. Man muss schon sagen: Auswärts macht es mehr Spaß.

FuPa: Was hast du noch für Ziele in deiner Karriere? Siehst du Neckarelz als Sprungbrett für weitere, höherklassige Stationen?

Tekin: Klar ist es mein größter Wunsch, noch einmal höher zu spielen. Doch man braucht extrem viel Glück, muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

FuPa: Was meinst du damit genau?

Tekin: Nachdem ich 2009 deutscher A-Jugend-Meister geworden bin, hätte ich in die Türkische Süper Lig zu Kayserispor wechseln können.Ich war zu diesem Zeitpunkt ja auch schon Nationalkeeper in den U-Mannschaften der Türkei, hatte in meinem Alter die wenigsten Gegentore in ganz Deutschland kassiert. Doch Thomas Tuchel meinte zu mir, es wäre besser, noch in Deutschland zu bleiben, in die Türkei könnte ich später immer noch wechseln. Ich habe dann auch gehofft, mich bei Mainz durchsetzen zu können und bei den Profis mittrainiert, doch dann verletzte ich mich schwer und das hat mir letzten Endes das Genick gebrochen. Ich hatte das Glück nicht mehr gehabt, das Selbstvertrauen war weg. Auch in der B-Jugend hätte ich in andere Bundesliga-Internate wechseln können, aber mir ist die Familie ganz wichtig, das hat da auch schon einen Wechsel verhindert. Jetzt ist das erste Mal, dass ich weg von meiner Familie bin. Und es war am Anfang wirklich schwer für mich.

FuPa: Hast du eigentlich noch Kontakt zur Meistermannschaft von 2009? Weltmeister André Schürrle war ja auch dabei..

Tekin: Ja, es gibt da so eine Whatsapp-Gruppe der Meistermannschaft. Wir schreiben uns ab und an und versuchen uns zu treffen, wenn es passt. Jan Kirchhoff, Stefan Bell und Christian Mathenia waren auch noch dabei.

FuPa: Warst du im A-Jugend-Finale im Tor oder Mathenia?

Tekin: Ja. Ich habe fast alle Spiele absolviert.

FuPa: Und Mathenia spielt jetzt Bundesliga...

Tekin: Ja, wie schon gesagt: Manchmal muss man eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

FuPa: Du bist uns in Wiesbaden vor allem durch dein Engagement beim SV Wiesbaden und Biebrich bekannt. Verfolgst du diese beiden Teams noch?

Tekin: Viel Kontakt besteht nicht mehr, aber ich vermisse die Jungs. Wenn ich in Wiesbaden bin, schaue ich mir die Spiele manchmal an.

FuPa: Abschließende Frage: Wie stehst du zu den Fusionsplänen des SVW mit dem SV Wehen Wiesbaden?

Tekin: Ich bin absolut dagegen. Für Wehen wäre es verständlich, schließlich erhoffen sie sich mehr Zuschauer und mehr Einnahmequellen. Aber aus Sicht des SV Wiesbaden wäre es komplett schwachsinnig. Einige Spieler von Wiesbaden sind sehr enttäuscht, über das, was momentan im Verein vorgeht. Die hatten richtig Bock aufzusteigen, und müssen sich nun wohl in der nächsten Saison wieder nach einem neuen Verein umsehen.

Aufrufe: 011.11.2015, 13:00 Uhr
Philipp DurilloAutor