2024-05-08T14:46:11.570Z

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Die Reserve von Bierstadt (orange) will wie viel andere zweite Mannschaften nicht außer Konkurrenz spielen.Archivbild: Wagner
Die Reserve von Bierstadt (orange) will wie viel andere zweite Mannschaften nicht außer Konkurrenz spielen.Archivbild: Wagner

Außer Konkurrenz will niemand spielen

Konsequenzen, „falls unsere Beschlüsse aufgehoben werden“ +++ Es muss ein Kompromiss gefunden werden

Wiesbaden. Dieter Elsenbast, Fußballwart des Kreises Wiesbaden, sagt klipp und klar: „Wenn unsere Beschlüsse aufgehoben werden, sehen wir uns nicht mehr in der Lage, für die nächste Saison ein ordnungsgemäßes Spielgeschehen zu organisieren. Dann geben wir diesen Auftrag an den Verband weiter. Darauf haben sich die Mitglieder des Kreisfußball-Ausschusses einhellig verständigt.“

Eine unmissverständliche Ansage in Verbindung mit den ergangenen Entscheidungen der Kreis-Führung. Die hatte dem TuS Nordenstadt grünes Licht für den Verbleib der zweiten Mannschaft im Liga-Betrieb für zwei Jahre gegeben, bei den weiteren bisherigen Einzelfallentscheid-Antragstellern FC Naurod, FC Bierstadt, SV Frauenstein, Spvgg. Sonnenberg und SC Klarenthal aber die Ampel auf Rot gestellt. Über den hinzugekommenen Antrag des SC Kohlheck, mit dem Unterbau weiter in offiziellen Ligen spielen zu dürfen, ist noch nicht befunden worden. Nicht auszuschließen, dass weitere Clubs – etwa mögliche Gruppenliga-Absteiger – den Antrag auf Einzelfall-Entscheid stellen werden. Sie könnten es bis zum 30. Juni 2017 tun. Elsenbast betont aber: „Mit Blick auf die Saison 2017/18 ist nach Absprache mit dem Verbandsausschuss die Auflösung der C-Liga beschlossen. Daran ist nicht mehr zu drehen. Wir können jetzt nicht noch Vereine in der B-Liga dazunehmen, die dann möglicherweise auf 24 Vereine käme.“

Einzelfall-Entscheide stehen aus

Davon abgesehen hatten die ersten sechs Antragsteller auf Einzelfall-Entscheid nach den Beschlüssen der Kreis-Oberen Beschwerde eingelegt. Einschließlich des TuS Nordenstadt, der einen unbefristeten Verbleib bewirken will. Dieter Elsenbast ist der Meinung, dass diese Beschwerden vom Kreisfußballausschuss (KFA) abgewickelt werden müssen, danach für Rechtsmittel nur noch das Präsidium des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) als finale Instanz bleibt. Generell sei der KFA zu Gesprächen mit dem Verband bereit.

Dauerthema - und keine Ende in Sicht

Insgesamt ist der Wiesbadener Fußballwart höchst ungehalten über den Fortgang der Geschehnisse zum Dauerthema Reserven in Konkurrenz: „Seit der Vorrundenbesprechung für die Spielzeit 2015/16 war allen klar, dass etwas im Busch ist. Die Vereine hatten anschließend sechs Monate Zeit, um Alternativvorschläge einzubringen. Es kam aber nie eine Rückmeldung. Erst nach der Versammlung in Kastel im Januar 2016 und der folgenden Abstimmung, die eine Mehrheit für die Abschaffung von in Konkurrenz spielenden Reserven der Kreisoberligisten brachte, kamen Einwände. Wir waren im Kreisfußballausschuss in dieser Sache völlig schmerzfrei. Uns geht es um die Gesamtheit der Wiesbadener Vereine."

Verständnis ja - Beschimpfungen allerdings nehmen Überhand

Elsenbast weiter: "Wobei ich verstehen kann, wenn einzelne Vereine mit Entscheidungen nicht einverstanden sind. Dass sich aber Mitglieder des Kreisfußballausschusses nun in sozialen Medien übelsten Beschimpfungen ausgesetzt sehen, ist mehr als grenzwertig.“ Als grenzwertig stuft Elsenbast auch das Verhalten einzelner Mitglieder des Verbandsausschusses ein. Sie hätten sich ohne vorherige Rücksprache mit dem KFA Wiesbaden mit Clubvertretern der ersten Antragsteller getroffen, um bei der Formulierung der Einzelfall-Anträge zu beraten: „Das sind diejenigen, die im Verbandsausschuss dabei sind, der über die Beschwerden befinden soll. Wobei wir den Verbandsausschuss als nicht zuständig erachten. Das Ganze ist doch eine Farce.“


Wir haben bei den Vereinen nachgefragt:

Friderico Platte (22), Kapitän FC Naurod II: „Es müsste sich ein Kompromiss für alle finden lassen. Ich kann auch die Interessengemeinschaft der A- und B-Ligisten verstehen. Vielleicht müsste man die Regeln für zweite Mannschaften strikter gestalten. Etwa, dass nur noch einer aus der Ersten eingesetzt werden darf. Aber es macht keinen Sinn, den sicherlich über 100 Spielern in Wiesbaden, die in einer Zweiten in Konkurrenz spielen, die Wettbewerbsbasis zu nehmen und durch Schoppen-Kicks außer Konkurrenz zu ersetzen. Das würde der breiten Masse der Zweitmannschafts-Spieler den Anreiz rauben.“

Mario Kaluscha (47), Trainer des A-Ligisten FC Bierstadt II: „Falls wir mit der Zweiten außer Konkurrenz spielen müssten, würde ein Teil des Teams sicher wechseln, weil dann der Spaß am Fußball verloren ginge. Es geht ja auch darum, dass nicht jeder Jugendliche, der aufrückt, sofort den Sprung in die Erste schafft. Dann braucht man eine vernünftige Spielebene für seinen Unterbau. Ich halte nichts davon, wenn nur ein Verein das Okay bekommt, die anderen Clubs aber nicht. Es muss eine Lösung geben, dass alle, die es wollen, auch mit ihrer Reserve in den Ligen weiterspielen dürfen.“

Heinrich Weger (30), Kapitän FC Bierstadt II: „Ich war Spieler unserer ersten Mannschaft und bin rückblickend froh, dass wir mit dem Kreisoberliga-Aufstieg unserer Ersten im Jahr 2011 eine in Konkurrenz spielende Zweite stellen mussten. Diese Zweite bietet allen eine gute Plattform, weiter in einem Wettbewerb um Auf- und Abstieg zu spielen. So können sich die Spieler beweisen. Würde unser Unterbau außer Konkurrenz spielen, wäre der Anreiz, Gas zu geben, nicht mehr vorhanden. Das wäre ein absoluter Rückschritt. Doch ich hoffe, dass wir mit der Zweiten auch dann weiter in der Liga mitspielen dürfen, wenn unsere Erste nicht den Aufstieg in die Gruppenliga schaffen sollte. Im Status außer Konkurrenz würde ich jedenfalls nicht spielen. Dann wäre es ein Thema, mit dem Fußball aufzuhören.“

Heike Bernhardt (45), Spielausschuss-Vorsitzende des SV Frauenstein: „Bereits im Sommer haben sich Spieler unserer Zweiten verabschiedet, weil sie im Blick auf die mögliche Streichung der In-Konkurrenz-Reserven eine Larifari-Saison befürchtet haben. Aktuell bin ich bestrebt, die Jungs der Zweiten zu motivieren und bei der Stange zu halten. Wobei wir im Moment bei Erster und Zweiter extremes Verletzungspech zu beklagen haben. Davon abgesehen kann ich die Argumente bei der Ablehnung unseres Einzelfall-Antrags nicht nachvollziehen. Sie sind nicht stichhaltig. Wir sind seit Beginn der In-Konkurrenz-Regelung in der Saison 2005/06 mit unserer Reserve in der Liga dabei und brauchen nun Planungssicherheit für die Saison 2017/18. Auch im Hinblick auf nachrückende A-Jugendliche.“


Daniel Mach (26), Trainer des A-Ligisten FC Naurod II, vorher A- und B-Juniorencoach beim FCN: „Die ganze Angelegenheit schwebt mit Blick auf die Zukunft wie ein Damoklesschwert über uns. Generell ist es für die Jugendlichen von heute wichtig, im Wettbewerb zu stehen, sich mit anderen zu messen, statt in einer Außer-Konkurrenz-Liga um die goldene Ananas zu spielen. Wir sind mit der Zweiten jetzt zwei Mal in Folge aufgestiegen, haben mit unseren Jungs mit bescheidenen Mitteln etwas aufgebaut. Dabei ist der Faktor Gemeinschaft das A und O. Müssten wir künftig außer Konkurrenz spielen, bräuchten wir nur noch einen Betreuer und ich könnte jeden verstehen, der dann geht. Unser Vereinsleben mit gutem Zuschauer-Zuspruch bei Erster und Zweiter würde sich radikal ändern. Ich versuche aber, beide Seiten zu verstehen. Fußballwart Dieter Elsenbast und sein Ausschuss stehen schließlich vor der schwierigen Aufgabe, ein intaktes Liga-Geschehen auf die Beine stellen zu müssen. Was mich bei der ganzen Sache aber stört: Es gibt keinen offenen Dialog.“



HFV-CheF Stefan Reuß: "Wir sollten Kompromisslinien finden"

Und was sagt der neue Präsident zur Wiesbadener Problematik? Stefan Reuß, am 18. Juni in Grünberg zum Steuermann des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) gewählt, setzt auf Kommunikation. Mit dem Kreisfußballausschuss und mit den Vereinen. „Wir sollten Kompromisslinien finden. Entscheidungen müssen im Sinne des Fußballs und der Vereine getroffen werden. Wobei die Ausgangslage in den hessischen Kreisen unterschiedlich ist. Wir warten zunächst die Stellungnahme des Wiesbadener Kreisfußballausschusses und die folgende Entscheidung des Verbandsausschusses ab.“

Generell, so Reuß, „entscheiden die Kreisfußballausschüsse über das Geschehen in den Kreisen. Aber für den Fall, dass Vereine mit Entscheidungen nicht einverstanden sind, kann Widerspruch eingelegt werden. Mit dem befasst sich der Verbandsausschuss. Und es bleibt noch das Recht, das Präsidium anzurufen.“ Instanzen, die man in Anlehnung an rechtsstaatliche Prinzipien eingebaut habe, so der HFV-Präsident, der davon ausgeht, dass die strittige Angelegenheit noch in diesem Jahr geklärt wird.

Aufrufe: 017.11.2016, 18:00 Uhr
Stephan NeumannAutor