2024-05-10T08:19:16.237Z

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Stefan Reiprich (links) bleibt bei seiner Kampfkandidatur und löst Ulrich Weber im Jahn-Aufsichtsrat ab.  Foto: Scharf
Stefan Reiprich (links) bleibt bei seiner Kampfkandidatur und löst Ulrich Weber im Jahn-Aufsichtsrat ab. Foto: Scharf

Aufsichtsrat: Reiprich löst Weber ab

Nach turbulenten Tagen bat der SSV Jahn zur Mitgliederversammlung +++ Es ging um die Zukunft - und es gab eine faustdicke Überraschung

Letzter Platz! Der Blick auf die Tabelle der 3. Liga hatte die Jahn-Fans zuletzt arg deprimiert. Nun stand die Vereinsversammlung an. 217 Mitglieder waren am Sonntagnachmittag ins Zelt auf der Baustelle der Continental-Arena gekommen und diskutierten über die Zukunft des Klubs.

Der Sieg gegen die SG Sonnenhof Großaspach am Vortag dürfte wie Balsam auf die geschundenen Seelen der Jahn-Fans gewirkt haben. In den Wochen zuvor war vielfach das Schreckensszenario eines Abstiegs in die Regionalliga gezeichnet worden. Auf der Mitgliederversammlung gab es unter den Teilnehmern nun deutlich die Hoffnung zu spüren, dass der Klassenerhalt gelingen kann. ,,Gestern und heute haben wir so viele positive Signale bekommen", freute sich etwa Vorstandsboss Hans Rothammer. Deswegen blicke er überaus positiv in die Zukunft.

Reiprich neuer Aufsichtsrat

Zu einer dicken Überraschung kam es bei der Besetzung des Aufsichtsrats. Hier musste über den Sitz, den zuletzt Ex-Vorstandschef Ulrich Weber inne hatte, neu abgestimmt werden. Weber erklärte sich zu einer abermaligen Kandidatur bereit. Aus der Reihe der Mitglieder wurde aber ein Gegenkandidat aufgestellt: Stefan Reiprich - und der gewann bei der Abstimmung deutlich. ,,Es wäre mir eine Ehre, weiter für den Jahn im Aufsichtsrat zu arbeiten", meinte Weber zum Ende seines Rechenschaftsberichts. Dass es plötzlich einen Gegenkandidaten geben könnte, sorgte auf dem Podium der Vereinsführung für Betriebsamkeit. Oberbürgermeister Joachim Wolbergs versuchte, eine Kampfabstimmung zu verhindern. Er appellierte an die Fans, auf diese zu verzichten, um Weber weiter im Aufsichtsrat zu halten. ,,Ich brauch den Uli in diesem Gremium."Wolbergs bot den Fans dafür an, den noch vakanten Posten des zurückgetretenen Günther Roggenhofer mit einem Vertreter aus den Reihen der Fans besetzen. Über diesen Vorschlag gab es eine hitzige Debatte, am Ende zog Reiprich seine Kandidatur aber nicht zurück und gewann bei der Abstimmung.

Der 28 Jahre alte Reiprich hatte in seiner Ansprache zuvor kritisiert, dass es ,,im Aufsichtsrat durch den Herrn Keller ein gewisses Meinungsmonopol gibt". Reiprich forderte, dass im Aufsichtsrat demnächst auch jemand aus der Basis, jemand aus den Reihen der Fans, sitzt. Bereits sein Statement wurde mit donnerndem Applaus gefeiert, sein Erfolg bei der Abstimmung dann ebenfalls. Wolbergs sagte danach, dass dieses Ergebnis auch eine persönliche Niederlage für ihn sei. Erst vor zwei Wochen habe er Weber, der eigentlich aufhören wollte, überredet, doch weiter zumachen. Umso mehr bedauere er es, dass er nun aus dem Aufsichtsrat hinausgewählt worden sei. Rothammer kündigte aber an, dass man versuchen werde, ,,den Ulrich in irgendeiner Form weiter beim Jahn zu halten".

Keller fordert faire Diskussion

Mit großer Spannung wurde indes weiterhin der Bericht des zuletzt arg in die Kritik geratenen Sportchefs Christian Keller erwartet. Dieser warb gleich zu Beginn für einen allgemeinen Schulterschluss. Nur so könne es sportlich wieder aufwärts gehen. Es gehe nicht um persönliche Eitelkeiten, meinte Keller. Es gehe nicht darum, ob ihn selbst jemand möge. ,,Die Spieler brauchen aber Unterstützung, dann schreit lieber weiter meinen Namen", bat er um Unterstützung der Mannschaft, die ihrerseits geschlossen zur Mitgliederversammlung erschienen war. ,,Ich fordere Perspektivenvielfalt ein", meinte Keller. Fans müssten die Situation beim Jahn auch einmal aus anderen Blickwinkeln betrachten. Er selbst könnte ohne Probleme mehr Geld ausgeben, als der Klub hat. Damit hätte er kurzfristig Erfolg und würde dafür gefeiert werden, der Verein wäre aber über Jahre hinaus verschuldet. ,,Wenn man mit dem Feuer spielt und einen so kleinen Etat hat", meinte Keller, dann müsse man umso mehr vernünftig wirtschaften, um langfristig Erfolg zu haben.


Vorstandsboss Hans Rothammer forderte ein Miteinander. Foto: Scharf

In der anschließenden Diskussion meldete sich Franz Eibl zu Wort. Der hatte im Vorfeld der Versammlung gefordert, über einen Misstrauensantrag gegen Keller abzustimmen. Dieser Punkt war zwar nicht auf die Tagesordnung gesetzt worden, weil hier Rothammer zufolge nicht über Mitarbeiter der Profiabteilung entschieden werden darf (MZ berichtete), Eibl meldete sich nun aber persönlich zu Wort - und schlug versöhnliche Töne an. Der Aufsichtsrat habe sich klar für Trainer und Sportchef entschieden, bilanzierte er, deswegen solle man jetzt nicht mehr nachkarten sondern das Team unterstützen: ,,Es hilft ja nichts anderes, wenn wir im neuen Stadion nicht gegen Schalding-Heining antreten wollen." Ohnehin blieb die anschließende Diskussion äußerst sachlich. In mehreren Statements wurden noch einmal die gängigen Diskussionspunkte der vergangenen Wochen angesprochen, wie etwa, warum es auf dem Platz keine erkennbare Fußballphilosophie zu sehen gebe. Persönliche Angriffe gegen Sportchef, Trainer oder Spieler blieben aber aus. Klubchef Hans Rothammer war am Ende der Versammlung dementsprechend glücklich: ,,Ich sage ehrlich, dass es mich sehr gefreut hat, wie das heute hier abgelaufen ist.


Über 200 Mitglieder waren gekommen. Foto: Scharf

Aufrufe: 019.10.2014, 20:47 Uhr
Von Jürgen Scharf, MZAutor