2024-05-08T14:46:11.570Z

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F: Reimer
F: Reimer

"An ein gegebenes Wort soll man sich halten"

Im Grenzland gibt es ein unschönes Phänomen: Spieler entscheiden sich für einen Verein, sagen zu - und dann wieder ab.

Alle Amateurvereine planen schon seit der Rückrunde die neue Saison. Sie wollen ihre Mannschaften sinnvoll verstärken. Und die Spieler möchten sich so teuer wie möglich verkaufen. Wer nicht mitzieht, steht mit Nichts da. Aber es ist ein Phänomen zu beobachten, dass moralisch fragwürdig ist.

Spieler geben einem Verein ihr Ja-Wort, machen dann einen Rückzieher und wechseln entweder zu einem anderen Verein oder bleiben im alten Klub. Leidtragende sind die Vereine, die sich auf das Wort verlassen haben. So war es beispielsweise bei den beiden Spielern Marlon Smikalla und Richard Hormes, die beide in der kommenden Saison für den SC Union Nettetal in der Landesliga auflaufen werden.

Smikalla (18) spielte bislang für den ASV Süchteln. Trotz des Abstiegs gehört Smikalla zu den Gewinnern beim ASV. Der 1. FC Viersen wurde auf ihn aufmerksam und wollte Smikalla verpflichten. Er entschied sich nach erbetener Bedenkzeit für einen Wechsel, gab seine definitive Zusage. Gleichzeitig bat er seinen künftigen Trainer Willi Kehrberg um Stillschweigen.

"Am 13. Mai habe ich allen Spielern, mit denen wir arbeiten werden, eine SMS geschickt", berichtet der Übungsleiter. Inhalt: Die Frage nach der persönlichen Urlaubsplanung. "Ich muss ja die Saisonvorbereitung planen", sagt Kehrberg. Smikalla antwortete, dass er keinen Urlaub plane. Am 20. Mai dann der Schock: Smikalla will nicht mehr zum 1. FC Viersens wechseln. "Er hat mir in einem Telefonat abgesagt, weil er zum SC Union Nettetal wechseln wird. Ich habe ihm gesagt, dass man so etwas nicht macht. An ein gegebenes Wort sollte man sich halten. Wir haben mit ihm geplant und müssen jetzt Ersatz finden", sagt Kehrberg. Smikalla wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Dennis Treker, Sportliche Leiter des SC Union Nettetal, sagt: "Ich stelle mich schützend vor unsere Spieler. Marlon muss sich auf sein Abitur vorbereiten."

Zu diesem Zeitpunkt war Smikalla wohlgemerkt noch Spieler des ASV Süchteln. Klaus Fleßers, Chef des 1. FC Viersen, sagt: "In elf Jahren Amtszeit ist es mir einmal passiert, dass ein Spieler, der mir zuvor seine Hand auf den Wechsel gegeben hat, sein Wort bricht."

Bei Richard Hormes ist die Ausgangsposition anders. Er spielt schon in Nettetal. Der 20-Jährige sah unter Trainer Dieter Hußmanns keine Perspektive mehr, wollte wechseln. Er gab dem ASV Süchteln seine Zusage - auch für den Fall des Abstiegs in die Bezirksliga. Dann trennten sich Hußmanns und Union. Ex-Profi Chiquinho wird ab Sommer sein Nachfolger. Hormes zieht seine Zusage zurück und erklärt, doch in Nettetal zu bleiben. In Süchteln ist man erbost. Der wiedergewählte Fußball-Obmann Sven Berx sagt: "Es kann nicht sein, dass die Vereine immer die Leidtragenden sind. Als Familienvater sind solche Verhaltensweisen nicht akzeptabel. Wie soll man da Werte wie Anstand und Moral vermitteln?"

Süchtelns Trainer Stefan Poetters glaubt, "dass einige Spieler noch nicht über eine persönliche Reife verfügen, auch wenn sie auf dem Papier zumindest volljährig sind." Gegenüber unserer Redaktion äußerte sich Richard Hormes zu diesem Thema. "Die Situation unter Dieter Hußmanns war eine andere", sagt er.

Dennis Treker vertritt die Auffassung, dass "es in Ordnung ist, was die beiden Spieler gemacht haben. Schließlich hat sich die Situation geändert und dann kann man sie neu zu bewerten".

Chiquinho, der künftige Trainer Unions, versteht die Aufregung nicht. "Ich habe in Kapellen eine tolle Arbeit geliefert. Ich komme aus der Oberliga zurück und kann nichts dafür, dass die Spieler unter Chico trainieren wollen", sagte der Ex-Profi. "Als ich nach Deutschland kam, habe ich Dortmund meine Zusage gegeben, um in Mönchengladbach einen Drei-Jahrs-Vertrag zu unterschreiben", erinnert sich Chiquinho.

Im Falle von Marlon Smikalla sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Ex-Profi sich als sportlicher Ziehvater Smikallas bezeichnen darf. Er hat den Spieler während seiner Trainerzeit in Süchteln bereits mit 17 Jahren aus der A-Jugend in die Erste Mannschaft "großgezogen". Vergangene Woche wurde bekannt, dass auch Martin Stroetges in Nettetal bleibt - nachdem er zuvor dem VfL Willich seine Zusage gab.

Hans Weecks, Trainer des SC Waldniel, berichtet ebenfalls über zwei wortbrüchige Spieler. Statt für den Bezirksligisten zu spielen, kicken sie nun für Boisheim und Amern. "Daniel Schrörs hat sogar zwei Mannschaftsabende mitgemacht. Via Facebook erfuhr ich von seinem Rückzug. Jetzt spielt er für Boisheim", sagt Weecks. Ähnlich verhielt es sich mit Benny Weeks, der zukünftig in Amern aufläuft. "Ich habe ihm verdeutlicht, dass es so nicht geht. Die Spieler stehen die Spieler in der Pflicht, sich an ihr Wort zu halten", sagt Weecks.

In Amern verfolgt Trainer Rainer Bruse einen stringenten Kurs. "Ich frage alle recht locker, wer bleiben möchte und wer nicht. Wer sich bis zur Frist Mitte April nicht äußert, spielt nicht mehr", sagt Bruse. Amerns Trainer berücksichtigt nur Spieler, die sich innerhalb der Frist entschieden haben. Egal, ob sie bleiben oder den Verein verlassen. Mit "Zauderern" will Bruse nicht zusammenarbeiten. "Das Leben besteht tagtäglich aus Entscheidungen. Wer sich entschieden hat, soll auch zu seiner Entscheidung stehen", sagt er. Dem Ruf der Spieler, da sind sich viele Trainer einig, sind derlei Geschichten nicht zuträglich.

Ob die Finanzen eine Rolle spielen, ist nur zu vermuten. Hier blocken die Vereine, versehen mit dem Hinweis, dass es "nichts zu verdienen gibt". Schließlich will sich kein Verein in die Karten schauen lassen. Eine Fußballabteilung zu unterhalten, kostet eben auch eine Menge Geld. Und freiwillige Geldgeber sind heutzutage rar.

Aufrufe: 014.6.2014, 12:11 Uhr
Rheinische Post / Stephan MangelsAutor