2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Bei Fußballspielen braucht es nicht nur Tore und einen Ball. Der Verband fordert, dass Vereine eine offizielle Ordnerliste ausfüllen. TV-Foto: Mirko Blahak
Bei Fußballspielen braucht es nicht nur Tore und einen Ball. Der Verband fordert, dass Vereine eine offizielle Ordnerliste ausfüllen. TV-Foto: Mirko Blahak

Amateure ärgern sich über Ordner-Pflicht

Verband Rheinland verschärft Kontrollen auf dem Sportplatz - Strafen zwischen zehn und 1500 Euro möglich

Während in der Bundesliga wieder der Ball rollt, sind die Vereine auf regionaler Ebene noch in der Vorbereitung. Mit Sorge nehmen einige Clubs die Ankündigung des Fußballverbands Rheinland auf, den Ordnungsdienst künftig stärker zu kontrollieren. Der Verband verteidigt sein Vorgehen.

Die Zahlen der aktuellen Saison klingen zunächst harmlos. Elf Spielabbrüche wegen Gewaltdelikten gab es bislang im Fußballverband Rheinland (FVR) – angesichts von rund 1600 pro Woche ausgetragenen Partien ein verschwindend geringer Prozentsatz. Dennoch ist die Verbandsspitze alarmiert. „Wir stellen auch auf unseren Plätzen ein erhöhtes Gewalt- und Aggressionspotenzial fest“, sagt Rechtswart Norbert Weise.

Grund genug, über Vorkehrungen im Senioren- und Jugendspielbetrieb ab der Rheinlandliga abwärts nachzudenken. Eine Maßnahme: Vereinen, die bei ihren Heimspielen dem Schiedsrichter vor Spielbeginn keine Ordner namentlich melden oder keine ausreichende Zahl von Ordnern stellen, droht künftig konsequenter als bislang eine Strafe.

Beim ersten Verstoß gibt's eine Verwarnung, beim zweiten Versäumnis innerhalb einer Saison befindet die Spruchkammer über eine Geldstrafe. Laut Strafordnung kann sie zwischen zehn Euro (Meldepflicht-Versäumnis) und 1500 Euro (wenn bei einem Spiel etwas Schwerwiegenderes passiert und keine Ordner da waren) betragen.

Die Ankündigung führt unter den Fußballvereinen zu Diskussionen. „Einige Vereine sehen Schwierigkeiten, das umzusetzen“, sagt Bernd Marx, Vorsitzender des Fußballkreises Trier-Saarburg, über die Stimmung bei den Amateuren. Manche Vereine bezweifeln in den unteren Spielklassen grundsätzlich die Notwendigkeit von Ordnern. Andere sagen, sie hätten Probleme, Ordner zu finden. „Ich müsste einen verbindlichen Dienstplan entwerfen. Dafür werde ich kaum Freiwillige finden“, sagt etwa Jürgen Schmitt, Vorsitzender des TuS Issel. Auch der Vorwurf, der Verband sei dank verhängter Geldstrafen auf Mehreinnahmen aus, schwingt mit.

Der FVR widerspricht den Vorbehalten. Weise: „Die Bestimmungen zum Ordnungsdienst gibt es schon sehr lange. Nur kaum ein Verein setzt sie um. Das werden wir nun stärker überwachen.“

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Hintergrund

Auch für Aufpasser gibt es Aufstellungsbögen

Fußballclubs müssen nicht nur Spieler, sondern auch Ordner namentlich in ein offizielles Formular eintragen - Grauzone bei Verhältnismäßigkeit

Ohne Platzordner geht es im Fußball nicht. Oder doch? In dieser Frage ist nach einem Beitrag von Rechtswart Norbert Weise im Magazin des Fußballverbands Rheinland eine Diskussion unter den Vereinen entbrannt. Worum es geht, lässt sich exemplarisch am Beispiel des TuS Issel aufzeigen.

Turnen, Fitness und Fußball: Der 1952 gegründete TuS Issel (Kreis Trier-Saarburg) ist ein Mehrspartenverein mit etwa 650 Mitgliedern. Rund die Hälfte von ihnen ist in der Fußballabteilung vereint. Die Frauenteams spielen in der Regionallliga und Rheinlandliga, die B-Juniorinnen in der Bundesliga. Bei den Herren sind die Isseler in einer Spielgemeinschaft mit Kenn in der Kreisliga C und D aktiv.

Der TuS-Vorsitzende Jürgen Schmitt ist dem Verein seit 20 Jahren verbunden. Er kennt die Herausforderungen, denen sich der Club zu stellen hat. Eine ist die Gewinnung von Trainern und Betreuern. Aus seiner Sicht - und auch der anderer Vereine - tut sich eine neue Baustelle auf. Die vom Fußballverband Rheinland beschlossenen Nachjustierungen beim Einsatz von Platzordnern stoßen teilweise auf Skepsis.

Die Forderung: Um Ärger und Tumulten vorzubeugen, hat das Verbandspräsidium beschlossen, die Bestimmungen zum Ordnerdienst in Zukunft strenger als bislang zu überwachen. Nach Auskunft von Rechtswart Norbert Weise sollen die Schiedsrichter angehalten werden, Versäumnisse beim Melden und Stellen von Ordnern im Spielbericht zu vermerken. Wer die Vorgaben nicht einhält, wird erst verwarnt und im Wiederholungsfall während einer Saison mit einer von den Spruchkammern festzulegenden Geldstrafe belegt.

Die Heimvereine sollen laut Weise die Namen der Ordner in ein offizielles Formular eintragen und dieses dem Schiedsrichter vor Spielbeginn aushändigen. Die Ordner müssten mit Westen oder Armbinden klar erkennbar sein. Dafür hatte der Deutsche Fußball-Bund im Sommer 2014 jedem Verein vier neongelbe Ordnerwesten zur Verfügung gestellt.

Weise betont, dass keine weiteren Pflichten auf die Vereine zukämen. Vielmehr solle lediglich die Umsetzung schon lange geltender Regeln konsequenter kontrolliert werden. Außerdem gebe es im Vergleich zu den gültigen Vorgaben auch Erleichterungen. Mindestens fünf Ordner seien nur noch bei Pflichtspielen der Männer in der Rheinlandliga, Bezirksliga sowie den Kreisligen A und B Pflicht. In den C- und D-Klassen, bei den Frauen sowie im Nachwuchsbereich ab der B-Jugend seien lediglich mindestens zwei Ordner nötig.

Die Sorgen:Der TuS-Vorsitzende Schmitt zweifelt grundsätzlich an, dass bei jedem Spiel Platzordner nötig sind: "Ich habe den Frauenfußball beim TuS Issel seit 20 Jahren aufgebaut und begleitet. In keinem Spiel war bislang der Einsatz eines Ordners erforderlich." Er nennt ein weiteres Beispiel aus dem Männerbereich: "Wenn unsere D-Liga-Herren im November an einem Samstagabend bei fünf Grad spielen, sind neben 22 bis 26 Spielern, zwei Trainern und einem Schiedsrichter nahezu keine Zuschauer da. Muss ich dennoch künftig darauf drängen, dass die Seniorenabteilung Ordner benennt und zur Anwesenheit verpflichtet? Freiwillige werde ich nicht finden. Zwingen kann ich auch keinen."

Vorschlag: Risikobewertung

Schmitt wehrt sich gegen einen "pauschalen Verdacht bei jedem Spiel" und plädiert dafür, Ordner nach der Risikobewertung einer Partie einzusetzen: "Der Spielleiter der jeweiligen Staffel müsste anhand von Schiedsrichterberichten und Spruchkammerurteilen eine Prognose abgeben, dass bestimmte Spiele ein Risikopotenzial besitzen. Damit wird der Ausrichter (Heimverein) verpflichtet, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Hierbei sollte es sogar möglich sein, dass ein Gastverein mit ,Risikofans‘ ebenfalls in die Pflicht genommen wird, Ordner abzustellen oder sich an den Kosten für einen externen Ordnereinsatz zu beteiligen."

Die Reaktion: Ordnungsdienst nur bei Risikospielen - aus Sicht von Weise ist das nicht praktikabel: "Die Gefahr von Ausschreitungen ist nur selten im Vorhinein absehbar."

Dagegen sehe auch der Verband keinen Sinn darin, bei Spielen mit keinen oder nur ganz wenigen Zuschauern mehrere Ordner vorzuhalten: "Ein unsinniger Ordnereinsatz ist in den demnächst zu veröffentlichenden Bestimmungen ausdrücklich ausgeschlossen. Darauf werden die Schiedsrichter, Spielleiter und Spruchkammern gesondert hingewiesen, um übertriebene und nicht angebrachte Sanktionen zu vermeiden." Gleichwohl entsteht eine Grauzone. Ab wie vielen Zuschauern ist ein Ordnereinsatz unbedingt notwendig? Weise bleibt im Vagen: "Für einen Ordnereinsatz muss eine Mindestzahl an Zuschauern anwesend sein. Eine Kennzahl für die Verhältnismäßigkeit vorzugeben, wäre aber praxisfern." Letztlich muss also der Schiedsrichter vor Ort entscheiden.

Weise hat die Hoffnung, dass sich bei dem Thema die Wogen glätten: "Die auf Schiedsrichter und Spruchkammern zukommende Mehrbelastung wird sich in Grenzen halten - und hoffentlich auch der Frust der Vereine." Gleichzeitig ist der Verband sensibilisiert. Statt bereits wie geplant zur Rückrunde soll die kompromisslose Ahndung von Verstößen erst zur nächsten Saison greifen. Weise: "Aber die Pflicht, die Vorgaben zum Ordnungsdienst einzuhalten, besteht natürlich ab sofort."



Extra

Schlüsselrolle für Schiedsrichter: Verbandslehrwart Heiko Kreutz im Fupa-Gespräch

Bei der Überwachung der Ordnerpflicht im Amateurfußball kommt den Schiedsrichtern eine Schlüsselrolle zu. Verbandslehrwart Heiko Kreutz spricht über …

… die verschärften Kontrollvorgaben im Verband Rheinland: "Ich halte dies gerade im Hinblick auf die Gewalt auf Sportplätzen sowie daraus resultierende Spielabbrüche für eine sehr sinnvolle Maßnahme. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, damit die Gewalttaten im Fußball soweit wie möglich vermieden werden können. Das Tragen der Armbinde oder Ordnerweste alleine reicht natürlich nicht aus. Die Ordner müssen ihre Aufgabe aktiv und gewissenhaft ausüben. Sie müssen ihren Job für die Sache ausführen und bei Konflikten deeskalierend einwirken. Damit gewinnen alle: die Vereine, die Mannschaften, die Schiedsrichter und natürlich der Fußball."

… den bisherigen Umgang mit den Regeln: "Es gibt viele Vereine, die dem Schiedsrichter vor dem Spiel die Ordnerliste unaufgefordert vorlegen und deren Platzordner ihre Aufgabe sehr ernst nehmen. Ich muss auf der anderen Seite allerdings feststellen, dass dies bei einigen Vereinen in Vergessenheit geraten ist und die Schiedsrichter nicht darauf bestehen. Wir sollten uns sehr schnell daran gewöhnen, dass Platzordner bei den Fußballspielen aller Klassen dazugehören."

… die auf die Schiedsrichter zukommende Mehrarbeit: "Wenn alle Schiedsrichter von Beginn an konsequent mitziehen, werden wir nach wenigen Wochen nicht mehr darüber sprechen."


Aufrufe: 030.1.2015, 21:04 Uhr
volksfreund.de/Mirko BlahakAutor