2024-05-14T11:23:26.213Z

Kommentar
Noch beim Wehens Reserve der Coach, aber was passiert mit Christian Lüllig ab der nächsten Saison? Archivfoto: Klein.
Noch beim Wehens Reserve der Coach, aber was passiert mit Christian Lüllig ab der nächsten Saison? Archivfoto: Klein.

Am falschen Ende gespart

Rückzug der U 21 könnte sich für SV Wehen Wiesbaden als Bumerang erweisen

Wiesbaden. Am falschen Ende gespart. Anders ist die Entscheidung der Verantwortlichen des Fußball-Drittligisten SV Wehen Wiesbaden nicht zu interpretieren. Die besiegelte Auflösung des in der Hessenliga kickenden U 21-Unterbaus lässt sich nicht im Entferntesten als sinnvoll verkaufen. Auch nicht mit dem Faktor Geld. Wo doch in den vergangenen Jahren beim SVWW genügend Kohle für Spielertransfers der wenig effizienten Art und für mutmaßliche Zahlungen an vor Vertragsende freigestellte, beurlaubte oder entlassene Trainer verheizt wurde.

Doch es scheint ein unternehmerischer Grundsatz zu sein: Oben wird ausgegeben, um in den Sand gesetzte Mittel dann an der Basis einzusparen. Schon gar nicht plausibel erscheint der Rückzug der Zweiten in Verbindung mit der von Präsident Markus Hankammer kürzlich genannten Zielsetzung. Für die angestrebte Zweitliga-Rückkehr braucht es mehr denn je einen Unterbau auf gehobener Amateurbühne. Mainz 05 hat seinen sogar in die Dritte Liga gehievt. Wo sollen Spieler des SVWW-Profikaders künftig nach langen Verletzungspausen oder Sperren Wettkampfpraxis sammeln? Etwa in einem künstlich geschaffenen ,,Future-Team" im Rahmen von Testspielen, wie es offenbar bei manchen Vereinen aus Bundesliga und Zweiter Liga geschieht. Bei jenen, die nach dem Vorstoß von Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler im vergangenen Jahr ruckzuck auf den Zug aufgesprungen sind und ihre zumeist als U 23 definierte Unterbau-Mannschaft eliminiert haben.

Wo sollen Dauer-Banksitzer des Drittliga-Aufgebots zumindest halbwegs im Rhythmus bleiben, wenn nicht in einer Zweiten? Und das Argument, es würden aus dem Unterbau zu wenige Talente in den Profibereich gelangen, schreit zum Himmel: Wenn hoffnungsvolle Talente nicht mutig im Drittliga-Ensemble ins kalte Wasser geworfen werden, sprich einige Startelfchancen erhalten, kann auch nicht der Nachweis erbracht werden, ob diese Rohdiamanten tatsächlich höheren Aufgaben genügen oder eben nicht. Und wenn man sich so manchen blutleeren Auftritt der SVWW-Ersten vor Augen führt, hätte es mit dem Einbau von jungen Spielern wohl kaum schlechter laufen können.

Kommt hinzu, dass die Hessenliga-A-Jugend des SVWW, die derzeit Spitzenreiter Darmstadt 98 als Zweiter hinterherhinkt, vermutlich in dieser Runde nicht den angestrebten Bundesliga-Aufstieg schaffen wird. Wie soll da die erhoffte Versorgung des Profikaders mit Eigengewächsen, die den Sinn der Jugendarbeit ausmacht, forciert werden? Von der A-Junioren-Hessenliga ist es gewiss ein noch größerer Sprung als aus der Hessenliga der Männer hinauf zu den Profis. Daraus lässt sich gleich die nächste Frage ableiten: Wie will der SVWW angesichts dieser Konstellation künftig noch für den externen Zuzug von Talenten aus der Region interessant sein? Parallel verliert er ohnehin regelmäßig seine besten Youngster im B- und C-Jugendalter an die großen Konkurrenten im Rhein-Main-Gebiet oder an andere Bundesligisten. Genau diesem Trend wollte Christian Hock in seiner Eigenschaft als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums entgegenwirken.

So gesehen steht jetzt mit dem Rückzug der Zweiten der Sinn des Nachwuchsleistungszentrums generell in Frage.



Aufrufe: 027.4.2015, 17:00 Uhr
Stephan NeumannAutor