2024-04-25T14:35:39.956Z

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Als Vertragsamateure beim SV Wiesbaden von der Mindestlohnproblematik betroffen: Die Hessenligafußballer Christopher Hübner (links) und Joseph Olumide (rechts). Archivfoto: rscp/Vigneron
Als Vertragsamateure beim SV Wiesbaden von der Mindestlohnproblematik betroffen: Die Hessenligafußballer Christopher Hübner (links) und Joseph Olumide (rechts). Archivfoto: rscp/Vigneron

Am Ende werden die Richter entscheiden

Im semiprofessionellen Sport kann es zu Problemen kommen / Spannende Frage ist die Definition, was noch als Ehrenamt gilt

Mainz/Wiesbaden. In vielen Bereichen der Gesellschaft wird über den zu Beginn des Jahres eingeführten Mindestlohn diskutiert. Mit einer kleinen Verzögerung ist diese Debatte auch im Sport angekommen. Es ist allerdings nur ein kleiner Bereich, in dem es wirklich zu Schwierigkeiten kommen könnte. „Im Bereich der Übungsleiter sehe ich wenig Probleme“, sagt Joachim Friedsam. Es ist ein anderer Bereich, der den Sportlern Kopfzerbrechen bereitet. „Semiprofessionelle Athleten könnten Probleme bekommen“, befürchtet der Geschäftsführer des Sportbundes Rheinhessen. „Die bekommen ein paar Euro, haben aber einen erheblichen Zeitaufwand.“
DFB sollte intervenieren
Vor allem im fünft- und sechstklassigen Fußball, also auf der Ebene der Oberliga oder Verbandsliga gibt es eine Menge Spieler, die mit Amateurverträgen ausgestattet sind. Ob die mit ihren Vergütungen nun oberhalb der Grenze von 8,50 Euro liegen, müssen die Vereine nun klären. Aber das ist gar nicht so einfach. Viele Fragen kommen bei den Vereinen auf. Schließlich sind die Kontrakte der Fußballer leistungsbezogen, gliedern sich in eine Grundzahlung sowie erfolgsabhängige Prämien. „Was ist in den Monaten, in denen der Spielbetrieb ruht“, fragt sich etwa Rainer Wehner, beim Hessenligisten SV Wiesbaden für die Finanzen zuständig. Bei den Hessen geht man von Jahressummen aus, ganz sicher ist man sich aber nicht. Wehner stört sich ein wenig daran, dass sich der DFB als Dachverband nicht intensiver um eine Ausnahmeregelung gekümmert habe. Schließlich habe der Sport auch eine gesellschaftliche Aufgabe und in anderen Branchen seien auch Ausnahme- oder Übergangsregelungen getroffen worden.
Auch beim Mainzer Oberligisten TSV Schott Mainz nimmt man sich verstärkt des Themas Mindestlohn an. „Wir sind da genauso betroffen wie viele andere Vereine“, sagt Till Pleuger, der sich übergangsweise für den bisherigen Fußball-Abteilungsleiter Salvatore Ruggerio auch um die Oberligamannschaft kümmert. Das Thema sei nun notwendigerweise auf der Tagesordnung weit nach vorne gerückt. Ob der Verein reagieren muss, soll eine eingehende Prüfung ergeben. Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat sich mit dem Thema Mindestlohn-Gesetz (MiLoG) auf seiner Internetseite intensiv beschäftigt und kommt zur Einschätzung, dass es im Bereich der Übungsleiter zu keinen großen Problemen kommen wird. In Paragraf 22, Absatz 3 ist geregelt, dass ehrenamtliche Tätigkeit nicht über das MiLoG geregelt wird. Die Übungsleiterpauschale von 2400 Euro im Jahr ist also ebenso von Bestand wie die Ehrenamtspauschale von 720 Euro, die Vorstandsmitglieder im Jahr als Aufwandsentschädigung erhalten können. „Übungsleiter, die über die Pauschale kommen, haben bei uns jetzt schon einen Stundenlohn, der über den 8,50 Euro liegt“, sagt Pleuger und das sei in den meisten anderen Vereinen auch so. Viele Helfer, die in den Vereinen den Übungsbetrieb unterstützen, fallen ebenfalls unter die Übungsleiterpauschale oder sind unter 18 Jahren und deshalb gilt für sie der Mindestlohn nicht. Anders sieht das im Fußball aus, und zwar bei jenen Aktiven, die einen Amateurvertrag bei einem Verein unterschrieben haben. Meist steht in diesen Verträgen die Mindestsumme von 250 Euro. Geht man von davon aus, dass ein Oberliga- oder Verbandsligafußballer drei bis vier Mal in der Woche eineinhalb Stunden trainiert und am Wochenende zusätzlich ein Spiel hat, kommt man auf ein Monats-Stundenpensum von Minimum 36 Stunden. Bei 250 Euro entspräche das einem Stundenlohn von unter sieben Euro. In diese Rechnung noch nicht einbezogen sind die Fahrten zu den Spielen, die für die Fußball-Spielergewerkschaft VdV (Vereinigung der Vertragsfußballspieler) zur Arbeitszeit dazugehört. Auch Teamsitzungen sind bei der Berechnung außen vor.
384 Verträge im Südwesten

Allerdings spielt der klassische Amateurvertrag unterhalb der Oberliga und den darunter liegenden Klassen keine große Rolle. Im Bereich des Südwestdeutschen Fußball-Verbandes sind es gerade einmal 384 Spieler, die auf diese Art bei den Vereinen angestellt sind, der hessische Fußball-Verband (HFV) hat 690 Vertragsamateure. Darin enthalten sind alle Verträge ab Dritter Liga abwärts, auch die der Nachwuchs-Leistungszentren der großen Vereine. Das Gros der Verträge, sagt der Leiter des Spielbetriebs beim HFV, Stefan Heck, ist mit der Mindestsumme von 250 Euro dotiert. „Ich bin der Meinung, dass ein Vertragsamateur mit einer Summe von 250 Euro nicht seinen Lebensunterhalt bestreitet, oder dazu wesentlich beiträgt“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer und Justiziar beim HFV, Eric Maas, und prognostiziert: „Es wird zu Einzelfallenscheidungen kommen, die, wenn es der Gesetzgeber nicht konkretisiert, von Gerichten beurteilt werden.“ Beim Mainzer Oberligisten SV Gonsenheim wie auch beim dortigen Verbandsligisten Fortuna Mombach ist keiner der Spieler auf diese Art beim Verein angestellt. „Das könnten wir uns gar nicht leisten“, sagt etwa Gonsenheims Vorsitzender Joachim Mayer und verweist auf die Jugendarbeit am Wildpark, die immer wieder Spieler für die erste Mannschaft herausbringt. Von daher sei für seinen Klub das Thema Mindestlohn ohne Bedeutung.
Aufrufe: 014.1.2015, 15:15 Uhr
Carsten DietelAutor