2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
"Joe" Hadasch hat noch viel Freude im Tor bei SKV Palästina Al Q´uds. Foto: Pressefoto Baumann
"Joe" Hadasch hat noch viel Freude im Tor bei SKV Palästina Al Q´uds. Foto: Pressefoto Baumann

Alter schützt vor Leistung nicht

Torwart-Oldie Joe Hadasch (52) steht im Interview Rede und Antwort

Einige Zuschauer haben sich bestimmt verwundert die Augen gerieben, als sie in der Hinrunde der Bezirksliga eine Partie des SKV Palästina Al Q`uds Stuttgart verfolgt haben. Denn im Tor des Aufsteigers stand mit Hans-Joachim Hadasch, der von seinen Weggefährten einfach nur Joe gerufen wird, ein alter Bekannter des Stuttgarter Fußballs. Mit starken Paraden und der Abgeklärtheit aus über 2000 Spielen zeigte der Routinier in neun Hinrundenspielen, dass er mit seinen 52 Jahren noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Grund genug dem gebürtigen Westfalen, der in Jugendtagen seine Fußballschuhe für Borussia Dortmund schnürte, mal etwas auf den Zahn zu fühlen.

Hallo Herr Hadasch, Sie befinden sich gerade mit Ihrer Mannschaft in der Winterpause. Haben Sie die spielfreie Zeit in diesem Jahr etwas mehr herbeigesehnt als zu ihren Anfangszeiten oder überwiegt schon wieder die Vorfreude auf die Rückrunde?
Hadasch:
Ganz ehrlich. Ich kann es gar nicht erwarten, dass es wieder losgeht. Ich fühle mich topfit und brenne richtig auf den Trainingsstart. Es wird auch Zeit, dass ich mich etwas bewege. Als ich in der Hinrunde eingesprungen bin, hatte ich fast ein Jahr nicht trainiert und musste das Umfeld und die Mannschaft erst einmal kennenlernen. Ich wurde aber toll aufgenommen und bin mittlerweile richtig angekommen im Team. Natürlich müssen das Zusammenspiel und die Kommunikation auf dem Platz noch besser werden, gerade deshalb freue ich mich jetzt auf jede Einheit.

Als Jens Lehmann mit 40 Jahren noch das VfB-Tor hütete, fragten sich viele Experten: Warum tut er sich das noch an? Gerne gebe ich die Frage weiter, was motiviert Sie in Ihrem gehobenen Alter immer wieder aufs Neue?
Hadasch:
Das ist doch noch kein Alter. Ich fühle mich immer noch fit und solange es mir noch Spaß macht, mache ich weiter. Dafür spielt man doch Fußball. Wir haben hier eine tolle Truppe zusammen, da brauche ich keine Extramotivation.

Viele Ihrer Mitspieler sind 20 oder sogar 30 Jahre jünger als Sie, wie funktioniert da das Miteinander im Team? Übernehmen Sie dabei als Dienstältester eine spezielle Rolle?
Hadasch:
Klar habe ich hier eine gewisse Führungsposition inne. Ich habe ja einen langen Werdegang hinter mir und versuche den jüngeren Spielern davon etwas abzugeben und helfe, wo ich kann. Als Torhüter habe ich das Spiel vor mir und kann als Lenker wirken und meine Vorderleute gezielt ordnen. Durch meine Erfahrung habe ich ein gutes Gefühl für die Spielsituationen und kann mit Kommandos am Spiel teilnehmen und fühle mich in dieser Rolle sehr wohl.

Sie sprechen es an. Sie bringen die Erfahrung von über 30 Fußballer-Jahren mit, können Sie sich da überhaupt noch an alle Stationen erinnern? Wie führte Sie Ihr Fußballerweg letztlich zum SKV Palästina Al Q`uds?
Hadasch:
Puh, das ist gar nicht so einfach. Aber ich werde es mal versuchen. Nach meiner Zeit in Dortmund war meine erste Station in Stuttgart bei Germania Degerloch in der A-Klasse. Dann ging es zum TSV Rohr, wo wir in die Bezirksliga und später in die Landesliga aufgestiegen sind. Anschließend bin ich zum SC Echterdingen (heute Calcio Echterdingen) gewechselt und über Schwieberdingen und Stammheim beim TSV Musberg gelandet. Als der SV Prag verletzungsbedingt einen Torwart brauchte, hat es mich dahin verschlagen. Zu Saisonbeginn hat mich schließlich ein alter Mannschaftskollege angerufen und gefragt, ob ich nicht aushelfen kann, der SKV Palästina Al Q`uds bräuchte dringend einen erfahrenen Torhüter. Da bin ich mal wieder eingesprungen und habe die Entscheidung bis heute nicht bereut.

In diesem Zeitraum haben Sie einige Fußballplätze in der Region kennengelernt. Wissen Sie ungefähr wie viele Spiele Sie als Aktiver gemacht haben?
Hadasch:
Mitgezählt habe ich nicht, aber mittlerweile müsste da schon eine 2 vor der Zahl stehen.

200?
Hadasch:
(lacht) Nein, da muss noch eine Null dran. Neben den Liga-, Pokal- und Auswahlspielen habe ich über 500 Spiele mit den Stuttgarter Prominentenkickern gemacht. Da sind über die Jahre schon ein paar Spiele zusammengekommen.

Ihr Vorstand bescheinigt Ihnen eine beeindruckende Fitness, hat aber auch bemerkt, dass Ihre Reaktionsfähigkeit mit den Jahren etwas nachlässt. In welchen Bereichen werden die Zeichen des Älterwerdens auf dem Spielfeld besonders deutlich?
Hadasch:
Die Schnelligkeit ist nicht mehr ganz da und auch die Reaktionen sind nicht mehr die gleichen. Das wenige Training in den letzten Jahren macht sich zudem bemerkbar. Aber durch Fitness und Erfahrung lässt sich da einiges wettmachen. Vom Gefühl her bin ich sicherlich noch bei 80 Prozent meiner damaligen Leistungsfähigkeit und gut genug, um in der Bezirksliga zu bestehen.

In der Hinrunde gab es einige überzeugende Siege Ihres Teams sowie viele knappe Niederlagen, darunter vier 2:3-Pleiten. Wie bewerten Sie die erste Halbserie rückblickend?
Hadasch:
Das war wirklich wie verhext. Gegen die Topteams waren wir häufig auf Augenhöhe und haben unsere Gegner phasenweise an die Wand gespielt. Aber wir haben die Spiele dann trotzdem verloren. Eigentlich haben wir ein gute Runde gespielt, vielleicht einige individuelle Fehler zu viel gemacht und hin und wieder etwas ungeschickt in den Zweikämpfen agiert. So richtig kann ich mir den Tabellenstand aber nicht erklären. Trotzdem stehen wir aktuell auf einem Abstiegsplatz und müssen in der Rückrunde mindestens eine Schippe drauflegen.

Wie schätzen Sie dabei Ihre eigenen Leistungen ein?
Hadasch:
Eigentlich bin ich zufrieden. Natürlich gibt es einige Punkte, die ich verbessern kann. Ich möchte mich nach der Anpassungsphase über die Trainingseinheiten besser in die Mannschaft einbringen. Dadurch kann ich meine Erfahrung noch besser ausspielen und auf und neben dem Platz Verantwortung übernehmen.

Mit neun Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz gehen Sie in die Rückrunde. Was ist da noch drin für Ihr Team?
Hadasch:
Abgestiegen sind wir noch lange nicht. Wenn wir gut in die Rückrunde kommen und in den engen Spielen auch mal das Glück auf unserer Seite haben, dann ist der Klassenerhalt mehr als ein Wunschtraum. Deshalb lautet das Ziel Relegationsplatz.

Mit welchen Wünschen und Zielen gehen Sie persönlich in das Fußballjahr 2015?
Hadasch:
Ich will die Saison als Nummer 1 zu Ende spielen und auf keinen Fall absteigen. Außerdem will ich meine Trainingsbeteiligung steigern, um mein Niveau weiter zu halten. Anschließend würde ich gerne als Verantwortlicher eine neue Rolle übernehmen, ob als Trainer oder in einer anderen Funktion. Da wird sich schon was finden.

Vervollständigen Sie zum Schluss noch folgenden Satz. In fünf Jahren finden Sie mich an Sonntagen um 15 Uhr...
Hadasch:
...bei meiner Familie.

Und wenn dann wieder ein alter Weggefährte anklopft und einen Torhüter sucht?
Hadasch:
Sagen wir es mal so - wenn ich mich fit genug fühle - warum nicht. Ich bin nun mal ein Fußballverrückter, das liegt bei uns in der Familie. Ich bin seit über 30 Jahren dabei, das schüttelt man nicht so einfach ab. In irgendeiner Form werde ich dem Fußball ganz bestimmt erhalten bleiben.

Aufrufe: 023.1.2015, 15:00 Uhr
Dominik FlorianAutor