2024-03-28T15:56:44.387Z

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Patrick Lohrer (rot, hier gegen Cagri) im Einsatz für den ASV Fürth.
Patrick Lohrer (rot, hier gegen Cagri) im Einsatz für den ASV Fürth.

Als Inter Mailand bei Patrick Lohrer durchklingelte

Der ehemalige Regisseur des ASV Fürth stand schon einmal ganz oben in Fußball-Deutschland +++ Michael Bischoff und Christian Ziegler als prägende Personen

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Patrick Lohrer hat nicht nur eine Geschichte zu erzählen. Nein, sein Fußballerleben verfügt über zahlreiche spannende Kapitel. Sein Talent wurde früh erkannt, er schaffte es bis zur Junioren-Nationalmannschaft, ehe er andere, im Nachhinein falsche Prioritäten setzte. Inzwischen ist er mit sich im Reinen und spielt trotzdem Champions League, wenn auch nicht auf dem grünen Rasen.
Fünf Jahre war Patrick Lohrer alt, als er dem damaligen ESV West beitrat, der inzwischen in der SG Nürnberg Fürth 1883 aufgegangen ist. Seinem Heimatverein blieb er bis zur D2-Jugend treu, ehe der ruhmreiche 1. FC Nürnberg anklopfte. Für den Club spielte er bis zur B-Jugend, bis er dem Werben der SpVgg Greuther Fürth nachgab. Ein Jahr lang hielt er den Fürthern die Treue, ehe der Wechsel zur SG 83 erfolgte. Der damalige Coach der Herrenmannschaft Norbert Hütter erkannte schnell sein Talent und zog ihn in die erste Mannschaft hoch. Der Lohn war der Aufstieg in die Bezirksoberliga unter Michael Bischoff. Nach acht Jahren beim Fusionsverein und dem Abschied Bischoffs zum 1. FC Nürnberg sah auch Lohrer die Zeit für einen Wechsel gekommen und er schloss sich dem ASV Fürth an, wo schon Kumpel Christian Ziegler zwei Jahre zuvor hingewechselt war. Mit Ziegler war Lohrer aufgewachsen und ging mit ihm zusammen zur Deutschen Bahn, wo beide ihre Ausbildung zum Industriemechaniker machten. „Er hat mich durch die Ausbildung geschleust“, ist ihm Lohrer heute noch dankbar. „Er hat mich immer aufgefangen!“ Auch Bischoff kennt Lohrer seit seiner Kindheit und gewann in ihm nicht nur einen Trainer, sondern einen Förderer fürs Leben. „Es ist der Wahnsinn, wie viel Ahnung er von Menschenführung hat. Er hat mich als Mensch quasi ausgebildet“.

Nach seiner Zeit bei der SpVgg Greuther Fürth fehlte Lohrer auf einmal die Lust auf Fußball. „Ich hätte einen Vertrag bei den Amateuren bekommen, aber ich wollte komplett aufhören. Ich hatte überhaupt keinen Bock mehr auf Fußball.“ Doch Ziegler und Bischoff redeten auf ihn ein und machten ihm einen Wechsel zur SG 83 schmackhaft. „Auf einmal war ich Trainingsweltmeister. Nicht so wie vorher“, zeigt sich Lohrer selbstkritisch. „Ich hatte wieder Spaß daran gefunden."

Drei Stunden tanzen, dann Training beim FCN

Weit vorher stand er schon einmal am Scheideweg, denn er wollte seinem großen Bruder nacheifern. Der heißt Jesse, besser bekannt als Jay Low, einer der beiden Rapper hinter dem Nürnberger Duo „Lemon Ice“. Er macht heute Musik mit dem früheren „Deutschland sucht den Superstar“-Teilnehmer Gunther Göbbel. „Jesse war mein Vorbild und ich habe Anerkennung gesucht. Allerdings fehlte es mir an Talent“, kann er mittlerweile sagen. „Heute habe ich es eingesehen.“ Vor dem Training ging Lohrer für drei Stunden ins Tanztraining, ehe er für den 1. FC Nürnberg auf dem Platz stand. Dieser Aufwand konnte natürlich nicht gutgehen. „Mein Bruder macht sich immer noch Vorwürfe, dass er mich damals nicht abgehalten hat.“ Trotzdem schaffte es Lohrer zum Background-Tänzer im Video des einstigen Sommerhits "Dragostea din tei".

Angebote im Fußball gab es derweil viele für das aufstrebende Talent. „Zur SG-Zeit klopfte der SC Feucht an, der damals in der Regionalliga spielte. Heinz Krapf wollte mich zu den Greuther-Amateuren holen. Das wollte ich auch machen.“ Allerdings stand nun eine Verletzung im Weg. Denn in der Halle, die aufgrund eines Dachschadens mit Regen benetzt war, brach sich Lohrer den Fuß, das Wadenbein und auch die Bänder wurden nicht verschont. „Das Schicksal wollte es einfach so“, erklärt er mit leicht hängenden Mundwinkeln.

Das wohl interessanteste Angebot bekam Lohrer zu seiner Hoch-Zeit, als er von Klaus Sammer, Vater des allseits bekannten Ex-Nationalspielers und Meistertrainers Matthias Sammer, in die U15-Nationalmannschaft berufen wurde. „Da musste ich alleine nach Karlsruhe zum Lehrgang fahren. Das war auch gerade in der Zeit, als ich überhaupt keinen Bock mehr auf Fußball hatte“, weshalb Lohrer gleich vier Lehrgänge der Nationalmannschaft abgesagt hatte.

"Inter Mailand? Profi nur beim Club!"

Damals wohnte er bei seinem Vater in Fürth. Irgendwann zu dieser Zeit, erinnert er sich, "klingelte gegen 18 Uhr das Telefon und ein Vertreter von Inter Mailand war dran. Mein Vater hat das Gespräch aber sofort abgebrochen. Für ihn war klar: Wenn ich Profi werden würde, dann beim Club.“ Damit war das Machtwort gesprochen und auch Ernst Thaler biss mit seinem Angebot, den Sohnemann ins Internat des TSV 1860 München zu holen, auf Granit. „Ich wollte in Nürnberg bleiben, bereue es im Nachhinein aber.“ Berühmt wollte Lohrer werden, allerdings war er auch für die schönen Dinge im Leben aufgeschlossen. „Für die Disco war ich leicht empfänglich“, erzählt er mit einem Schmunzeln. „Insgesamt war ich damals einfach nicht reif genug. Man braucht als junger Mensch jemanden, der die Richtung vorgibt und die Motivation hochhält. Ich habe immer gedacht: Talent schlägt Fleiß. Richtig ist aber, dass Fleiß das Talent schlägt.“ Als Beispiel führt er seinen langjährigen Teamkollegen Benjamin Fuchs an, der bei Eintracht Braunschweig in der 2. Bundesliga spielte und inzwischen sein Geld in der Türkei verdient. „Benni hatte viel Fleiß und hat immer mehr gemacht als andere. Dafür wurde er belohnt.“

Lahm nur auf der Bank, Lohrer auf der "Zehn"

Patrick Lohrer hat in seiner fußballerischen Vita oftmals die Wege mit bekannten Fußballern gekreuzt. So spielte er zusammen mit den Pokalsiegern Andreas Wolf und Dominik Reinhardt oder auch mit Thomas Paulus, dessen Stern schließlich in Aue aufgehen sollte. „Bei der Süddeutschen habe ich auch gegen Kevin Kuranyi gespielt.“ Mit Reinhardt teilte er sich in der B-Jugend das Zimmer, dessen Vater Alois damals der Trainer war. „Am Abend habe ich drei Desperados getrunken, der Dominik aber keines. In die A-Jugend wurde ich beim Club dann nicht übernommen", plaudert Lohrer aus dem Nähkästchen.

Der wohl bekannteste Name dem Lohrer auf dessem Lebensweg begegnete, ist Bayern-Kapitän Philipp Lahm, mit dem er zusammen in der Bayernauswahl kickte. Allerdings waren die Rollen zu damaliger Zeit noch völlig anders verteilt. Während Lahm, der die deutsche Nationalmannschaft bekanntlich als Kapitän zur Weltmeisterschaft 2014 führte, auf der Bank Platz nehmen musste, war Patrick Lohrer auf der „Zehn“ gesetzt. Dass ihre Wege gegensätzlich verliefen, mit diesem Kapitel hat Lohrer inzwischen abgeschlossen. „Ich bin dankbar für diese Erfahrungen, die ich machen durfte. Ich hatte das Talent, habe aber versagt“, gibt er sich selbst gegenüber offen zu. „Ich weiß, was ich verkehrt gemacht habe und bin damals tief gefallen, bin aber inzwischen längst wieder aufgestanden.“ Mit Fleiß, Wille und Ehrgeiz hat er sich ein berufliches Standbein erarbeitet.

"Spiele heute eben im Beruf Champions League"

Mit 21 Jahren ging er zur Deutschen Vermögensberatung, aber viele meinten, dass er dafür nicht geeignet wäre. „Der Start war zugegebenermaßen schwer, aber Michael Bischoff hat gemeint: Wenn du es willst, dann zieh das durch, aber mit vollem Einsatz. Diese Worte habe ich mir zu Herzen genommen.“ An seinen ersten Kunden erinnert er sich noch genau. Es war Jörg Rudolf, dessen Vita sich mit der Lohrers in vielen Punkten ähnelt. Inzwischen hat Lohrer zwölf Mitarbeiter und etwa 500 Kunden. „Heute bin ich der Trainer. Nachdem es mit dem Fußball nicht geklappt hat, spiele ich heute eben im Beruf Champions League“, sagt er mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Eigentlich würde er auch heute noch gerne dem Ball hinterherjagen, aber der Beruf nimmt ihn zeitlich ziemlich ein. Schließlich bleibt für ihn und seine Familie – im Juli heiratete er seine Freundin Marzena, die zwei Kinder mit in die Ehe brachte – der Sonntag als einziger freier Tag. „Ich bin sehr dankbar, dass es sie gibt“, gibt er gleich noch eine Liebeserklärung ab. Die Bezirksliga ist ihm auch heute noch zuzutrauen, und beim ASV Fürth würde er mit seinem Comeback-Gedanken sicherlich offene Türen einrennen.

Aufrufe: 024.1.2017, 08:56 Uhr
Matthias JanouschAutor