2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Martin Schneider mit einem Indio.
Martin Schneider mit einem Indio.

Alles ist anders

Das WM-Tagebuch von Martin Schneider (ZDF) in der Wuppertaler Rundschau

Puuh! Die WM geht in ihre entscheidende Phase, und auch ich fahre mittlerweile vor lauter Fünferketten und abkippenden Sechsern auf „Reserve“. Im vorletzten Tagebuch der WM schicke ich ein paar Zeilen in die Heimat über kuriose Geschichten, die sich einfach so am Wegesrand aufgetan haben.

Das Frühstücken wird einem in Brasilien gerne schwer gemacht. Und das mir, der die erste Mahlzeit des Tages meist so gestaltet, als sei es die letzte des Lebens. Nicht funktionierende Kaffeemaschinen, vergriffenes Obst – die Krönung aber sind die kleinen Aludöschen für Butter, Marmelade oder Honig. Bis heute ließ sich nahezu keine dieser Miniportionen öffnen, was meinen Kollegen Béla Réthy seit Tagen dazu verleitet, seine Gabel in diese Dosen zu rammen wie sonst nur in ein Stück zähes Fleisch.

Wir gehen häufiger dazu über, in den so genannten Suco-Shops ein Saftfrühstück einzulegen. Acai mit Banane hat es mir angetan, wobei mich der hohe Gehalt an Antioxidantien in der lilafarbenen Frucht der Acai-Palme auch nicht vor einer satten Erkältung bewahrt hat. Einen Kollegen hat es allerdings hart erwischt. Mit Dengue-Fieber musste der schon vor einiger Zeit zurück nach Deutschland, wo es ihm nach einer Woche in der Tropenabteilung der Uni-Klinik nun besser geht.

Mücken blieben uns erspart. Nicht aber eine besonders innovative Art des Sporttreibens. Als ich vom Flughafen in Belo Horizonte auf dem Weg in die Innenstadt war, sah ich auf dem Mittelstreifen der sechsspurigen Autobahn etliche Menschen stadtauswärts joggen. Immerhin, sie liefen auf Gras und nicht auf Asphalt.

Dabei haben Brasilianer eigentlich den Nobelpreis für die Erfindung der Langsamkeit verdient. Ob beim Check-in am Flughafen oder im Hotel, Hektik gibt es nur bei den wartenden Touris oder Journalisten. Ich komme notgedrungen total entschleunigt nach Hause.

Und noch ein letztes Kuriosum, diesmal zum brasilianischen Sportfernsehen. Da werden von allen Reportern vornehmlich Namen runtergebetet, bei Fouls gibt es von einem Kollegen ständig ein stimmgewaltiges „Hooopppaaaa“, und ein anderer hat sich angewöhnt, Gesten der Spieler oder Trainer verbal nachzumachen. Ein lautes Stöhnen, ein Schreien, ein heftiges Ausatmen: Alles, was man sieht, bekommt man auch zu hören, inklusive des unvermeidlichen „Goooooooool“!

Viel Spaß bei den letzten Spielen, ate logo do Brasil!

Wuppertaler Rundschau Sport

Aufrufe: 010.7.2014, 21:23 Uhr
Wuppertaler RundschauAutor