2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Gestenreich am Spielfeldrand:  Alfred Kaminski  als Trainer beim FC Homburg  in Aktion. Foto: getty
Gestenreich am Spielfeldrand: Alfred Kaminski als Trainer beim FC Homburg in Aktion. Foto: getty

Alfred Kaminski: Aus dem Traum wurde Realität

Vom SV Eichede, FC Dornbreite und Möllner SV in den Profifußball - Trainer Kaminski hat es geschafft und dafür eine sichere Existenz aufgegeben

Vom Amateur- zum Profitrainer: Zwischen 1998 und 2002 trainierte Alfred Kaminski die Fußballer des SV Eichede, des FC Dornbreite und der Möllner SV. Sein Traum war es bereits damals, in den Profibereich zu wechseln. Dieser hat sich inzwischen erfüllt. Im Interview spricht Kaminski über seine unterschiedlichen Tätigkeiten im Profifußball, fehlende Sicherheit und seine Verbundenheit zum Norden.

Alfred Kaminski, Sie waren lange im nördlichsten Bundesland aktiv. Wie geht es Ihnen im Süden?
Danke, mir geht es sehr gut. Besonders seit ich ab dem 1. Juli für die Stuttgarter Kickers tätig sein darf. Ich trainiere die U23 und leite die Nachwuchsabteilung.

Sie kommen auch von den Kickers - allerdings aus Offenbach...

... das stimmt, dort war ich anderthalb Jahre als Sportdirektor tätig. Eine Riesensache, für so einen Traditionsclub zu arbeiten, wenn auch unter verschärften Bedingungen.

Inwiefern verschärfte Bedingungen?
Der Verein befand sich in der Insolvenz und hatte dementsprechende Auflagen, die wiederum meinen Handlungs- und Entscheidungsspielraum erheblich limitierten. Dennoch: Offenbach ist ein großer Club mit langer und abwechslungsreicher Geschichte. Und dann natürlich die Fans und das Stadion mit Platz für zwanzigtausend Zuschauer.

Sie hatten schon verschiedene Jobs bei ganz unterschiedlichen Vereinen, auch im Kreis Stormarn. Was ist Ihnen lieber - ein relativ unbeschriebenes Blatt wie Elversberg und Lübeck, oder die große Nummer wie Homburg, Saarbrücken und Offenbach?

Man muss sich im Klaren darüber sein, dass bei den Traditionsclubs die Strukturen und Machtverhältnisse meistens schon lange existieren und deswegen ebenso förderlich wie hinderlich sein können. Die neuen Besen oder Methodiken müssen im Zweifelsfall erstmal gegen Widerstand durchgesetzt werden. Bei den kleineren Vereinen herrscht in diesem Bereich grundsätzlich größere Aufgeschlossenheit und Entscheidungsfreudigkeit. Ein Konzept mit Nachhaltigkeit - vor allem im Jugendbereich - zu installieren ist natürlich aussichtsreicher bei einem großen Verein wie den Stuttgarter Kickers. Das hat mit Status, Mitgliederstärke und Einzugsbereich zu tun.

Wie kam es eigentlich zu so vielen verschiedenen Tätigkeiten - Sie waren Trainer, Scout, Chefanalytiker und Sportdirektor?
Ich habe für den Traum, ausschließlich mit dem Fußball mein Leben zu bestreiten, eine abgesicherte Existenz aufgegeben. Da überlegt man sich gut, wie man vorgeht und ich habe neben der Trainerlizenz auch ein wirtschaftliches Diplom erworben. Das Ziel war diese vielseitige Einsetzbarkeit. Das ist umso wichtiger wenn man weiß, dass die durchschnittliche Verweildauer eines Trainers bei seinem jeweiligen Engagement nur 1,2 Jahre beträgt.

Trotzdem scheint der Job an der Seitenlinie Ihr Favorit zu sein?
Natürlich! Jeder Vollblut- Fußballer möchte so unmittelbar wie möglich dabei sein. Die tägliche Arbeit im Training, der Kampf um Punkte und Pokale, das ist schon aufregender als Lizenzunterlagen zusammenzustellen. Aber als Verantwortlicher im Nachwuchsbereich besteht die Aufgabe sowohl aus praktischer, wie auch administrativer und erst recht aus konzeptioneller und strategischer Arbeit. Da wird also von Allem etwas geboten.

Hat sich das Aufgabenprofil eines Trainers in den vergangenen Jahren verändert?

Eindeutig: ja. Während noch bis vor ein paar Jahren vieles eingefahren war, sollten sich heute Spieler und Trainer permanent weiter entwickeln und neu interpretieren. Methodiken aus anderen Sportarten werden miteinbezogen, aus der Notwendigkeit heraus, den immer komplexeren Anforderungen eines Fußballers gerecht zu werden. Zum Beispiel kann man von Judoka viel über Stabilität und Koordination lernen. Aber auch mentale Ergänzungen wie Yoga können sich positiv auswirken. Es geht heute mehr um ,,Ganzheitlichkeit". Da muss man als Trainer also immer up-to-date sein.

Sie haben quasi alles auf die Karte Fußball gesetzt und waren auch schon mal für einen längeren Zeitraum ohne Job. Wie fühlt man sich dann?
Das ist schwierig. Ich habe in jener Zeit in Sevilla bei den beiden dortigen Stadtclubs hospitiert, aber grundsätzlich wartet man ständig auf das Klingeln des Telefons.

Hat es denn geklingelt?
Es hat öfter geklingelt, aber nie gepasst. Entweder waren die Etats zu knapp oder es waren Angebote aus Afrika, die ich zwar nicht grundsätzlich ablehne, aber in der langen Abwesenheit aus Deutschland habe ich ein Problem gesehen.

Inwiefern?
Du bist für längere Zeit ,,vom Markt" - und der vergisst schnell! Das ist ein hohes Risiko.

Haben Sie den heimatlichen Norden nach vielen Jahren im Süden der Republik schon vergessen?

Nein, ich beobachte den SV Eichede und habe noch Kontakte zu ehemaligen Spielern aus Dornbreite und Mölln. Ich würde gern irgendwann im Norden tätig sein, aber so ein bisschen habe ich das ,,südländische" Leben auch schon angenommen.
Aufrufe: 026.11.2015, 14:00 Uhr
SHZ / Interview: Carsten HolstAutor