2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
Foto: Rinke
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Offener Brief nach dem Rücktritt

Matthias Albrecht wehrt sich gegen Vorwürfe und greift dabei den Verband massiv an

Am Donnerstag hat Matthias Albrecht mit sofortiger Wirkung seine Ämter im FSA, insbesondere sein Wahlamt als 1. Vizepräsident, niedergelegt. Jetzt äußert er sich persönlich zu seiner Entscheidung und welche Umstände innerhalb des Verbandes dazu geführt haben. Auch FuPa wird dabei genannt und kritisiert: " ... unter dem Deckmantel der Aufklärung in meinem Leben rumzustöbern ..." Noch einmal: Wir distanzieren uns konsequent von jeglicher Form von Homophobie und unterstützen selbstverständlich auch Matthias Albrecht dabei, sich dagegen zu wehren. Hier der Offene Brief im ganzen Wortlaut:

Aufgrund des Vergleichsabschlusses des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt e.V. mit dem ehemaligen Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht Magdeburg am heutigen Tage, in dem sich der Verband zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet, lege ich mit sofortiger Wirkung meine Ämter im Fußballverband Sachsen-Anhalt e.V., insbesondere mein Wahlamt als 1. Vizepräsident nieder.

Meinen Schritt habe ich nach reiflicher Überlegung getroffen, weil ich aufgrund der vielen Anfeindungen in den letzten Monaten in den Gremien des FSA durch KFV-Präsidenten und Präsidiumsmitglieder sowie den unwahren Behauptungen, die zum Teil in anonymen Briefen durch die Presse, den Verband und in der Öffentlichkeit über mich geäußert wurden, keine solide Grundlage für eine vernünftige Zusammenarbeit sehe.

Ich bedauere diesen Schritt, weil ich Ihnen, den Vereinen unseres Verbandes auf dem Verbandstag im Jahr 2012 das Versprechen gab, notwendige Reformen im FSA anzuschieben, durchzuführen und den Fußball in Sachsen-Anhalt voranzubringen.

Die Bilanz, die ich in den zurückliegenden fast drei Jahren für meine Arbeit ziehen kann, ist durchweg positiv. Uns war es gemeinsam gelungen in harter Arbeit notwendige Weichen zu stellen und Reformen voranzubringen. Dazu gehörte auch, ein Controlling einzuführen und der Satzung und den Ordnungen Geltung zu verschaffen. Dabei galt die Durchsetzung des Rechts ohne Ansehung der jeweiligen betroffenen Personen. Meine tiefe Überzeugung ist es, dass menschliches Zusammenleben nur dann funktioniert, wenn die gemeinsam aufgestellten Regeln auch von jedermann befolgt werden.

Leider waren es aber gerade (nicht nur ausschließlich) die Kreisfachverbände und ihre Präsidenten, die sich oftmals nicht an Regeln hielten und bis heute nicht halten. So war es notwendig, gerade diesen aufzuzeigen, dass das Verschwenden des Verbandsvermögens auch für private Zwecke nicht zulässig ist. Private Telefone auf Kosten des Verbandes, Weihnachtsfeiern für die Funktionäre des KFV für mehrere tausend Euro, Verschenken von Geld an Privatpersonen oder Gehälterzahlungen an „Geschäftsführer“ sind dabei nur die Spitze des Eisberges von Verschwendung und „Taschenfüllerei“. Auch die Entlassung des Herrn T., auf dessen Rechtswidrigkeit ich mehrfach auch schriftlich hinwies, ist Beleg dafür, dass Regeln in unserem Verband offensichtlich nur für einen Teil gelten, nämlich für die Vereine und deren Mitglieder. Mit einer solchen Situation will ich mich nicht abfinden.

Aufgrund dessen wurde permanent von einer kleinen Gruppe der KFV-Präsidenten versucht, ihre zum Teil schwerwiegenden Verstöße gegen die Ordnungen unseres Verbandes durch Angriffe auf das Präsidium jedoch insbesondere auf mich zu verschleiern.

Die unwahren Behauptungen über die Besetzung von Stellen in der Geschäftsstelle des FSA in den anonymen Briefen waren offensichtlich auch so gesteuert, um dem Verband, aber insbesondere mir – quasi als Hüter der Satzung und der Ordnungen – erheblichen Schaden zuzuführen und mein Ansehen in der Öffentlichkeit und im Verband zu schädigen.

Seien Sie versichert, die Besetzungen der freien Stellen in der Geschäftsstelle sowie die Geschäftsabläufe im Verband selbst entsprachen im Zeitraum meiner Tätigkeit auch als Vertretungsgeschäftsführer von Juli bis Dezember 2014 der Satzung des Verbandes. Sämtliche anderen Behauptungen sind wahrheitswidrig und werden von mir ab sofort strafrechtlich verfolgt.

Diese Anfeindungen und Verleumdungen wären für sich gesehen für mich noch kein Grund zum Rücktritt, denn aus meiner Tätigkeit als Vorsitzender des Sportgerichtes des FSA war mir bekannt, dass es einzelne KFV mit den Ordnungen nicht so genau nehmen und nach wie vor ihren Vereinen Geld aus der Tasche ziehen, für die es keine Rechtsgrundlagen gibt, um sich selbst und ihren Getreuen Wohltaten zu gönnen.
Jedoch nachdem in der Öffentlichkeit mein Privatleben (obwohl ich das Amt wie vielen von Ihnen auch ehrenamtlich ausgeübt habe) ausgebreitet wurde, Presse und Medienvertreter wie fupa.net sich selbst in ihren Artikeln rechtfertigten, in meinem Privatleben rumzustöbern unter dem Deckmantel der Aufklärung, sich von KFV-Präsidenten gegenüber Mitarbeitern des FSA abfällig über mich und meine Sexualität geäußert wird, ist ein Punkt erreicht, der es mir nicht zulässt, weiter für den Fußballverband Sachsen-Anhalt tätig zu sein.

Gerade in Zeiten, in denen Homophobie und Überwindung von Ausgrenzung Themen sind, die sich FIFA und DFB auf die Fahnen schreiben, in denen öffentlich über das Outing von Profifußballern diskutiert wird, die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexualität fortschreitet, zeigen einzelne von Ihnen gewählte Funktionäre, dass sie sich von einer „Schwuchtel“ auf dem Posten des 1. Vizepräsidenten nichts sagen lassen wollen, dass sie Menschen, die einen anderen Lebensentwurf verfolgen, nicht akzeptieren.

Eine solche Person wird dann notfalls abgewählt, so wie es jetzt von den Herren KFV-Präsidenten initiiert wird. Dies zeigt sehr deutlich, in welchem Zustand sich der Fußballverband Sachsen-Anhalt befindet. Offensichtlich ist es Meinung einzelner Personen, dass Homosexualität im Fußball nichts zutun hat. Ich halte dies für fatal, weil ich an die integrative Kraft des Fußballs glaube, daran, dass der Fußball alle Menschen verbinden und über Grenzen hinweg als Gegnern Freunde machen kann.

Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich an Betracht solcher Anfeindungen zum Schutz meiner Familie und meiner selbst, davon Abstand nehme in einem Verband in dem derartige Personen Verantwortung tragen, meine Tätigkeit als 1. Vizepräsident auszuüben. Meine persönlichen Lebensumstände und insbesondere meine Homosexualität habe ich nie verheimlicht, hierzu stehe ich.

Es ist bedauerlich, dass dies für einige Herren Grund genug ist, gegen mich vorzugehen und aktiv meine Abwahl als Vizepräsident zu betreiben. Seien Sie davon überzeugt, egal, welche Erklärungen man Ihnen auch für die Einberufung des Verbandstages zu meiner Abwahl geben wird, sie sind unwahr, weil allein die vorstehenden Gründe die unlauteren Motive der Handelnden ausmachten.

Ich bin mir sicher, dass Sie für meine persönliche Entscheidung Verständnis haben. Eine zukünftige Mitarbeit kann ich mir persönlich nur dann vorstellen, wenn derartige Vorbehalte überwunden sind; jedoch wird hier deutlich, dass noch ein weiter Weg vor dem Fußballverband in Sachsen-Anhalt liegt.
Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute, danke für die gute Zusammenarbeit und wünsche Ihrem Verein sportliche Erfolge.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Matthias Albrecht

Aufrufe: 028.5.2015, 17:50 Uhr
Thomas RinkeAutor