In Uerdingen, sagt Thomas Adler, da war das damals ganz ähnlich wie jetzt beim TSV Buch. In Uerdingen, da war Thomas Adler einst Profi, stieg 1992 mit der Mannschaft für ein Jahr in die Bundesliga auf. Beim TSV Buch sitzt Thomas Adler als Trainer an der Seitenlinie. Nur: Buch spielt in der sechsthöchsten Amateurklasse.
Die Gemeinsamkeiten, sagt der Coach, liegen weniger auf dem Platz, als vielmehr im Drumherum. Buch ist bekannt für seine großartige Kameradschaft, oder, wie es Adler nennt: „Wenn in einem Ortsteil Kerwa ist, dann weiß ich: die Jungs brauch ich die nächsten drei, vier Tage nicht einplanen.“ Genauso sei auch Coach Friedhelm Funkel damals in Uerdingen mit einer Bundesliga-Mannschaft verfahren: „Wenn Karneval war, hat Funkel zwei, drei Spielern freigegeben. Er wusste, mit denen war so lange sowieso nichts anzufangen.“ Thomas Adler fühlt sich also wohl in Buch, kann man so sagen. Das Erbe von Helmut Rahner hat er aufgenommen und angepasst, „wir spielen jetzt mehr Fußball“, sagt Adler, speziell die Befreiung aus der Defensive versucht seine Mannschaft nun immer spielerisch zu lösen. „Auch wenn die Zuschauer manchmal noch schreien: Bolz’ ihn doch einfach weg.“
Die Gegner, hat der Coach beobachtet, reagieren bereits auf diesen neuen Bucher Stil, „sie wissen“, sagt Adler, „dass sie da, wenn sie uns unter Druck setzen wollen, anstatt den Ball zu gewinnen vor allem hinterherlaufen müssen. Also machen es die meisten schon gar nicht mehr.“ Auch sonst ist die Abwehr das Prunkstück des TSV Buch – Thomas Adler hat sich kürzlich sogar hingesetzt und alle fünf Landesligen verglichen: „Da sind wir die Mannschaft mit den drittwenigsten Gegentoren überhaupt“, sagt er nicht ohne Stolz. Zwölf Gegentore in 15 Spielen – das ist Liga-Topwert.
Aber auch die Offensive braucht sich nicht zu verstecken: 35 Tore sind zwar nicht gerade herausragend, mit Udo Brehm (acht Tore), Christian Fleischmann (fünf) und Philip Lang (sieben) gibt es aber gleich drei sehr treffsichere Angreifer. Das macht den TSV Buch ziemlich unberechenbar.
Das größte Plus der Mannschaft aber, sagt Thomas Adler, das hat er bislang in seiner langen Karriere als Spieler und in 15 Jahren als Trainer so noch nicht erlebt: „Immer, wenn wir einen Nackenschlag erleben, wirft sich ein anderer hinein, übernimmt die Position und überzeugt sofort.“ So kann Buch stets auf kleinere Verletzungen reagieren, aber auch langfristig auf den Kreuzbandriss von Fabio Tech oder den Ausfall von Dominik Tajak, der kurzfristig ein Stipendium in den USA angeboten bekam. „Beide sind eigentlich nicht zu ersetzen, sie haben das Zeug, höherklassig zu spielen“, sagt Adler. Und trotzdem steht seine Mannschaft auf Rang zwei der Landesliga-Tabelle.
„Ich habe in der Bundesliga kürzlich in einem Interview gehört, dass irgendeine Mannschaft sieben oder acht Mal mit derselben Startformation aufläuft – ich habe mir gedacht: Wir in Buch wären froh, wenn wir das auch nur einmal machen hätten können“, sagt Thomas Adler. Ein weiteres Geheimnis des Erfolgs ist also der breite Kader und die Bereitschaft der zweiten Mannschaft und der A-Jugendtrainer, Spieler bei Bedarf abzustellen. „Das war bei der Quelle, wo ich zuvor acht Jahre tätig war, anders. Da wollte niemand in der ersten Mannschaft spielen – in Buch, da ist jeder stolz, wenn er da dabei sein darf.“
Bleibt nur noch das alte Problem der Hitzköpfigkeit im Knoblauchsland. Da erkämpfte sich der TSV Buch einen etwas zweifelhaften Ruf mit zahlreichen Roten Karten und verbalen Ausfällen. „Diese Zeiten sind bei mir vorbei“, sagt Adler selbstbewusst. Die zwei Platzverweise am Wochenende waren „die Ausnahme und sehr harte Entscheidungen“, meint der Trainer. Er wirke grundsätzlich deeskalierend und fordert diese Einstellung auch von seinen Spielern. „Über die Roten Karten werden wir noch reden“, sagt Adler. Die nämlich hat man auch in Uerdingen nicht einfach so hingenommen.