2024-04-19T07:32:36.736Z

Ligavorschau
Derendingens Eigengewächse verlangten dem TSV Ofterdingen wiederholt einiges ab. Vor allem Mittelfeldmotor Rösch (stehend, Zweiter von links) brachte die TSV-Keeper oft genug ins Schwitzen. F: Archiv TV Derendingen
Derendingens Eigengewächse verlangten dem TSV Ofterdingen wiederholt einiges ab. Vor allem Mittelfeldmotor Rösch (stehend, Zweiter von links) brachte die TSV-Keeper oft genug ins Schwitzen. F: Archiv TV Derendingen
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1966 gab es ein 6:6 im Steinlachderby

Tabellenführer TSV Ofterdingen empfängt am Sonntag den TV Derendingen. Das Steinlach-Stadion erlebt dabei das 17. Heimspiel im Punktspielwettbewerb seit 1955. Exklusiv für FuPa Alb wurde in der Welt der staubigen Archive gewühlt, um in vergilbten Zeitungsbänden die Geschichte des Steinlachderbys etwas ans Licht zu holen.

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Zum siebzehnten Mal fährt der TV Derendingen im Kampf um Ligapunkte zum knapp 10 Kilometer entfernten Nachbarn des TSV Ofterdingen. Bereits in den 1960er Jahren sprach man vom „Steinlachderby“, wenn beide Teams aufeinandertrafen. Sechs Begegnungen in Ofterdingen entschied der TSV für sich, ganze sieben Spiele endeten in einem Unentschieden. In der Torbilanz steht es 38:31 zugunsten des aktuellen Tabellenführers. Die Gäste konnten bislang nur dreimal die Siegpunkte nach Tübingen mitnehmen. Auch am Sonntag dürfte dem TV Derendingen ein heißes Pflaster erwarten, doch hat die historische Statistik für die Südstädter noch einen Trumpf in petto.

Vor 62 Jahren begann das Nachbarschaftsduell an der Steinlach

Als die Fußbälle noch braun, aus echtem Leder und vor allem „bockelhart“ waren, kam es zum ersten Aufeinandertreffen der beiden rot-weißen Steinlach-Vereine. Die Premiere im Punktspielwettbewerb erfolgte am 30. Oktober 1955 in der B-Klasse Tübingen, was der heutigen Kreisliga A entsprechen würde. Neuling Ofterdingen brachte den eingesessenen „Platzhirschen“ TV Derendingen an den Rand der Niederlage, wiewohl der TVD bereits nach zwei Minuten in Führung ging. Waltersdorf hieß der erste Ofterdinger Torschütze im Derby, der noch in der 1. Spielhälfte den Ausgleich und damit den Endstand erzielte. Alles in allem wurde der Puntkgewinn für Derendingen als glücklich und schmeichelhaft eingestuft. „Selten hatten die Ofterdinger so viel Pech mit ihren Aktionen gehabt, wie in diesem Spiel .... sie schnürten die gewiß nicht schlechten Gäste in ihrer eigenen Spielhälfte ein, besonders in der zweiten Halbzeit“, urteilte die Lokalpresse nach dem Spiel.

Auch am 8. März 1959 trotzte der TSV erneut als Aufsteiger dem TVD einen Punkt ab. „Die Gäste können vom Glück reden, daß sie einen Punkt retteten“, hieß es auch hier wie vier Jahre zuvor. Ausgerechnet Ofterdingens Eugen Dürr, in dieser Partie als bester Spieler bezeichnet, pfeffert beim Stand von 2:1 einen Handelfmeter an den Pfosten. Statt den Todesstoß setzt es am Ende eine aus Sicht der Heimmannschaft unglückliche Punkteteilung. Die Platzverhältnisse in Ofterdingen werden ihren Teil beigetragen haben: „Das faire und spannende Spiel, bei dem die Spieler auf dem vom Regen aufgeweichten und mit Pfützen bedeckten Platz manches Bad nahmen, wurde vom Schiedsrichter gut geleitet.“

in Déjà-vu-Erlebnis in der Berichterstattung auch nach der nächsten Partie am 4. November 1962. „Die Gäste können vom Glück reden, daß sie einen Punkt mit nach Hause nehmen konnten. Die Ofterdinger hätten in den letzten 25 Minuten das Spiel für sich entscheiden müssen, sie belagerten in dieser Zeit das gegnerische Tor“. Diesmal fand die Partie in der A-Klasse Alb (Bezirksliga) statt, in der die Ofterdinger dem TVD nachgefolgt waren. Mittelstürmer Baur brachte die Hausherren nach 25 Minuten per Kopfball in Führung, die aber von Hartmaier mit einem beherzten Weitschuss egalisiert wurde, „...aber das siegentscheidene Tor fiel und fiel nicht, so daß das kampfbetonte, aber faire Spiel, das die zahlreichen Zuschauer bis zur letzten Minute in Bann hielt, unentschieden endete.“

„Wie erwartet verlief das Steinlachderby recht abwechslungsreich und kampfbetont“. Der 13. September 1964 sah erstmals einen Sieger in Ofterdingen. Bereits nach 15 Minuten ging der TSV in Führung, und die schnellen Stürmer des Gastgebers setzten der Derendinger Abwehr in der Folge ordentlich zu. Allerdings gelang dem TVD in der 20. Minute mit einem Bombenschuss aus 20 Metern der Ausgleich, nach 30 Minuten sogar die Führung. Ofterdingen hingegen kämpfte mit einem Handicap. Noch in der ersten Hälfte humpelte der Mittelläufer des TSV vom Platz, und nach dem Seitenwechsel hütete plötzlich der Routinier Werz das Tor, da der TSV-Keeper schwer angeschlagen seine Aufgabe nicht mehr wahrnehmen konnte. Auswechslungen gab es damals nicht. Dennoch gelingt Ofterdingen in Unterzahl die Wende und kann fünf Minuten vor Spielende den 1:2-Rückstand in einen 3:2-Heimsieg wandeln. In der 70. Minute verschenkte man gar einen Handelfmeter, der vom TVD-Keeper abgewehrt wurde.

Aus 5:0 wird ein denkwürdiges 6:6

Zu den denkwürdigsten Begegnungen zwischen beiden Mannschaften gehört die Liga-Partie vom 15. Mai 1966. Damals wurde die A-Klasse als regelrechte Mammutsaison mit 20 Mannschaften durchgefochten, der TV Derendingen hatte sich im WFV-Pokal bis ins Viertelfinale vorgekämpft. Das Fazit des zeitgenössischen Berichterstatters zum Spiel hätte glatt einer Theater- oder Filmkritik entnommen sein können. „Das Spiel dieser Mannschaften wurde zu einer Begegnung voller Farbe, Spannung, Schwung mit vielen spielerischen Höhepunkten, wobei sich beide Mannschaften einsatzmäßig voll verausgabten“. In der Tat kamen die Zuschauer damals voll auf ihre Kosten, dabei konnten beide Mannschaften nicht mit ihrer Bestbesetzung antreten. Ofterdingen musste auf die Abwehrspieler Hausch und Schmidt verzichten, derweil Derendingen größtenteils seinen Nachwuchsspielern die Chance gab. Bereits nach 35 Minuten führte Ofterdingen durch Baur (2x), Wiech, Albrecht und Krauß mit 5:0, letzterer musste kurz nach seinem Treffer verletzt in die Klinik gebracht werden. Nach Seitenwechsel fiel auch noch Möck längere Zeit verletzt aus, und Derendingen witterte „Morgenluft“. In den Schlussminuten erkämpften sich die Südstädter ein 5:5, doch nach einem Freistoßknaller ins Lattenkreuz durch Baur stand es kurz vor Schluss 6:5 für Ofterdingen. Mit letzter Kraft und quasi mit dem Pfiff des Schiedsrichters gelang Mittelstürmer Öhme der 6:6-Endstand per Kopfball.

Nicht minder denkwürdig verlief die Begegnung am Ostersamstag 1967. „Die zahlreichen Zuschauer aus den umliegenden Steinlachgemeinden stellten sich nach Ablauf der 90 Minuten fast alle die Frage: „Wie ist es möglich, daß die Fußballmannschaft von Derendingen bereits 11mal den Fairneßpreis der A-Klasse erhielt?““ 2:0 führten nach 35 Minuten die Gäste aus Tübingen, wobei beide Treffer, so wurde reklamiert, aus einer klaren Abseitsstellung resultierten. „Doch das Publikum kreidete dies dem Unparteiischen nicht einmal allzu sehr an, da er nie in der Nähe des wirklichen Spielgeschehens war“. Baur konnte in der 43. Minute noch den Anschlusstreffer erzielen, was auch den Endstand und somit den ersten Auswärtserfolg des TVD im Steinlachderby darstellte. Die zweite Halbzeit brachte dann unschöne Szenen. „Was niemand erwartet hatte, trat dann ein. Die Gäste-Elf stieg in der zweiten Halbzeit äußerst hart ein“. In der 50. Minute wurde der Rechtsaußen des TSV Ofterdingen schwer verletzt vom Platz getragen, die Hausherren spielten also nur noch zu Zehnt. „Nachdem die Gäste aus Derendingen erkannten, wie großzügig der Schiedsrichter in seiner Regelauslegung war, scheuten sie keine Mittel, ihr Tor im 2. Spielablauf rein zu halten. Wohl wird das Ergebnis den Leistungen beider Mannschaften gerecht, doch wären die Gastgeber froh gewesen, wenn ein Schiedsrichter das Treffen geleitet hätte, der den sportlichen Regeln mehr Achtung verschafft hätte“.

Vier Jahre später – die Liga hieß nun A-Klasse Alb-Zollern – brachte der letzte Spieltag beide Mannschaften zusammen. „Zum Saisonschluß der Gastgeber sahen die Zuschauer noch einmal ein recht gutes Spiel mit packenden Torszenen auf beiden Seiten“. Vor allem durch ein weiträumiges Spiel und hohe Flankenbälle dominierte Derendingen die 1. Hälfte, und konnte in der 22. Minute in Führung gehen. Nur ihrem Torwächter Helmut Wiech konnte es Ofterdingen verdanken, nicht deutlicher in Rückstand geraten zu sein. Beim 0:2 war Wiech jedoch auch machtlos, als „... ein Gästestürmer eine verunglückte Rückgabe des Ofterdinger Mittelläufer erspurtete und keine Mühe hatte, den Ball in dem vom Torwart verlassenen Gehäuse unterzubringen“. Nach einer Stunde machte sich bei Derendingen eine Konditionsschwäche bemerkbar und das Blatt begann sich zu wenden. Durch Treffer von Pretzel (70.) und Röcker (82.) gelang der verdiente Ausgleich. „In den Schlußminuten waren die Gastgeber sogar dem 3:2 nahe, doch am Ende war man im Lager der Ofterdinger froh, dieses schon fast verloren gesehene Spiel wenigstens noch in ein Unentschieden verwandelt zu haben“.

Nur einmal gab es ein „zu null“

Am 5. September 1971 kam es zur bislang einzigen Begegnung in Ofterdingen, die „zu null“ endete. Von Anfang an dominierte der TSV die Partie, und das Spiel war vom Duell zwischen Mittelstürmer Röcker vom TSV und TVD-Torwächter Müller geprägt. Doch in die Torschützenliste trägt sich zunächst der Halblinke Karl-Heinz Lösch ein, der mit einem Doppelschlag die 2:0-Führung für Ofterdingen herausschoss. Sein Teamkollege W. Schmidt erzielte in der 53. Minute das vermeintliche 3:0, doch wurde der Treffer durch eine Abseitsstellung nicht anerkannt. Kurios: in der 54. Minute erzielte Schmidt aus der gleichen Position das „schönste Tor des Spiels“ zum 3:0-Endstand.

Nach dieser Saison trennten sich die Wege beider Mannschaften für lange Zeit. Der TSV Ofterdingen wurde Meister und begann seinen Höhenflug, der ihn in die Schwarzwald-Bodensee-Liga, später in die Verbandsliga und gar für ein Jahr in die Amateur-Oberliga führte, während Derendingen lange Zeit sogar in der Kreisliga A dümpelte.

Erst 36 Jahre später, am 19. September 2007, fuhr der TV Derendingen wieder zum TSV, wo man sich in der Bezirksliga Alb erneut duellierte. Damals gab es ein 2:2. Die letzte Begegnung in Ofterdingen endete am 23. April 2016 3:2 für die Hausherren. Dazwischen gab es sechs weitere Partien, über die zu berichten im Internetzeitalter müßig wäre. Das Hinspiel am „kleinen Bökelberg“ des TV Derendingen entschied Ofterdingen mit 2:0 für sich, und auch für die Sonntagspartie spricht alles für den derzeitigen Tabellenführer. Einen Trumpf hat Derendingen jedoch: man hat noch nie im März in Ofterdingen verloren: in zwei Auswärtspartien blieb man einmal Sieger und erkämpfte ein Unentschieden.

Die Derby-Statistik seit 1955

Aufgeführt sind nur die Heimspiele des TSV Ofterdingen.

B-Klasse Tübingen (6. Liga)

30.10.1955: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 1:1 (1:1)

08.03.1959: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 2:2 (1:1)

A-Klasse Alb (5. Liga)

04.11.1962: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 1:1 (1:1)

13.09.1964: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 3:2 (1:2)

15.05.1966: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 6:6 (5:0)

25.03.1967: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 1:2 (1:2)

A-Klasse Alb-Zollern (5. Liga)

16.05.1971: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 2:2 (0:2)

05.09.1971: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 3:0 (2:0)

Bezirksliga Alb (7. Liga; seit 2008/09 8. Liga)

19.09.2007: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 2:2

07.06.2009: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 3:1

06.09.2009: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 4:1

31.10.2010: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 2:1

09.06.2013: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 2:3

25.05.2014: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 2:4 (1:1)

05.10.2014: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 1:1 (1:0)

23.04.2016: TSV Ofterdingen – TV Derendingen 3:2 (1:1)

Gesamt aus Sicht der Heimmannschaft:

16 Spiele, 6 Siege, 7 Unentschieden, 3 Niederlagen bei 38:31 Toren.

Aufrufe: 022.3.2017, 12:21 Uhr
Hansjürgen JablonskiAutor