2024-04-19T07:32:36.736Z

Interview
Günter Stiebig
Günter Stiebig

14 Endspiele vor langfristigem Konzept

VL MITTE: +++ VfB 1900 Gießen als Tabellenletzter vor Herkulesaufgabe in der Restrunde +++

giessen (bir). Die Lage scheint aussichtslos, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Tabellenletzter mit neun Zählern auf dem Konto und bereits 14 Punkte Rückstand auf den sicheren Tabellenplatz zwölf, zudem sechs auf den im günstigsten Fall sicheren Rang 15 – eigentlich ist der VfB 1900 Gießen in der Fußball-Verbandsliga Mitte bei noch ausstehenden 14 Partien kaum noch vor dem Abstieg zu retten. Aber noch haben die Verantwortlichen beim Traditionsverein nicht resigniert. Mit Tino Wächter hat ein neuer Mann die Sportliche Leitung übernommen und dank seines Netzwerkes auch für neue Sponsoren und Unterstützer gesorgt, und mit Günter Stiebig geht ein neuer Trainer das unmöglich scheinende Unternehmen Klassenerhalt mit verhaltenem Optimismus an. Der in Alsfeld wohnende und dort auch seit 27 Jahren im Stützpunkt arbeitende Coach, der unter anderem von seinen Trainerengagements bei der TSG Wieseck, beim VfB Marburg, FSV Fernwald und Kickers Offenbach bekannt ist, hat sich beim VfB mehr vorgenommen als nur den kurzfristigen Klassenerhalt.

Wie kam der Kontakt zum VfB zustande?

Ich hatte immer mit dem VfB Kontakt, weil ich einige Trainer wie Harry Pfeiffer und Rainer Zimmermann als Stützpunkttrainer kennen- und schätzen gelernt habe. Und Tino Wächter kenne ich aus meiner Zeit bei Kickers Offenbach, wir hatten seitdem immer Kontakt.

Und warum haben Sie diese scheinbar unlösbare Aufgabe übernommen?

Leicht ist einfach! Erstens kenne ich das Innenleben, die Leute im Verein, zweitens gibt es eine halbwegs intakte Infrastruktur und drittens, und vor allem, haben wir eine junge Mannschaft, mit der man noch etwas entwickeln kann. Da wollen wir sehen, was man in der Restrunde noch erreichen kann.

Und wie wollen Sie den Klassenerhalt noch schaffen?

Wir haben jetzt 14 Endspiele. Wir müssen möglichst in jedem Spiel punkten. Entscheidend werden aber die ersten drei Partien sein, gegen allerdings schwere Gegner, wie beim Spitzenreiter Waldgirmes, gegen den Siebten FC Eddersheim und beim direkten Konkurrenten Flörsheim. Danach werden wir sehen, ob der Ligaverbleib gelingen kann.

Welchen Eindruck haben Sie von der Mannschaft?

Wir haben eine sehr junge Mannschaft mit einigen Spielern, die noch in der A-Jugend spielen könnten, aber alle haben eine hohe Motivation. Sie sind lernwillig, neugierig und saugen die Dinge auf, die wir ihnen vermitteln. Der Fitnesszustand der Mannschaft ist gut, im taktischen Bereich muss sie noch viel lernen. Sorgen macht mir im Moment die Offensive, da Nino Binz, Elen Dyer und Sebastian Spuckti krank beziehungsweise verletzt ausfallen. Unser Schwerpunkt für die restlichen Spiele liegt auf der Defensive. Wir müssen stabiler und kompakter in der Abwehr stehen und nicht so naiv verteidigen wie zuletzt. Dazu haben wir mit den Neuzugängen Fatih Köse (VfB Marburg) und Lukas Duarte Marin (Eintracht Wetzlar) zwei Alternativen für das defensive und offensive Mittelfeld.

Wie sind Sie mit der Vorbereitung auf die Restrunde zufrieden?

Ich bin sehr zufrieden. Neben den Hallenturnieren gab es in Testspielen gegen den A-Klassenvertreter Allendorf/Lahn einen 8:1-Sieg, gegen den Gruppenligisten Homberg/Ober-Offleiden ein 2:0, und im Vergleich mit dem Hessenligisten Sportfreunde Seligenstadt haben wir zwar 0:2 verloren, aber da hat die Mannschaft einen guten Eindruck gemacht, die auch Gästetrainer Lars Schmidt gelobt hat. Das war ein echter Härtetest, bei dem wir vor allem in der ersten Hälfte auch Torchancen hatten.

Und was ist, wenn das Unternehmen Klassenerhalt nicht erfolgreich ist?

Die Verantwortlichen und ich planen, längerfristig, über die Saison hinaus zusammenzuarbeiten. Wir werden uns nach der Runde zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht. Ich will hier keinen kurzfristigen Aktionismus entfachen, sondern, nachdem ich eine Bestandsaufnahme gemacht habe, die Organisationsstrukturen verändern, die Infrastruktur und die Abläufe verbessern und das Personal ausbauen, was dann längerfristig Bestand haben soll. Die vornehmlich jungen Spieler sollen in der Restrunde Erfahrungen sammeln und sich weiterentwickeln.

PS: Nach dem Gespräch greift sich Stiebig wieder den Farbeimer und setzt mit einigen Spielern und Helfern die Renovierung seiner Kabine im maroden Waldstadion fort. Auch hier sieht der neue VfB-Coach großen Arbeitsbedarf.



Aufrufe: 023.2.2017, 08:00 Uhr
Marc O. SteinertAutor