2024-04-23T13:35:06.289Z

Vereinsnachrichten
So schnell wird aus Euphorie bitterböse Ernüchterung: Die Eintracht-Spieler können nicht fassen, dass sie binnen drei Minuten den schon sicher geglaubten Derbysieg gegen den 1. FC Saarbrücken aus der Hand gegeben haben. Foto: Sebastian Schwarz
So schnell wird aus Euphorie bitterböse Ernüchterung: Die Eintracht-Spieler können nicht fassen, dass sie binnen drei Minuten den schon sicher geglaubten Derbysieg gegen den 1. FC Saarbrücken aus der Hand gegeben haben. Foto: Sebastian Schwarz

116 absurde Minuten

Stachel bei der Eintracht sitzt nach Last-Minute-Niederlage tief - Koep: "Wir haben uns in der Kabine schon wieder gepusht"

Bitterer geht’s kaum: Trotz einer famosen Leistung musste sich Regionalligist Eintracht Trier dem Erzrivalen 1. FC Saarbrücken geschlagen geben. Wie die 2:3-Niederlage zustande kam, löste allenthalben nur Kopfschütteln hervor.

Es herrschte Leere, nichts als Leere. Viele Trierer Fans konnten es nicht fassen. Die Eintracht-Spieler sanken zu Boden. Fußball kann richtig brutal sein. Das hat das Südwestderby gegen den 1. FC Saarbrücken bewiesen.

Durch zwei G egentreffer in den Schlussminuten schmiss der SVE den schon sicher geglaubten Sieg in die Tonne. In einem Spiel, das kaum spannender und reicher an Absurditäten hätte sein können.
"So ein Spiel habe ich noch nie erlebt. Da ist es schwer, Erklärungen zu finden", rang SVE-Kapitän Michael Dingels um Worte.

Trier schien die Seuche am Fuß und an der Stirn zu haben. Benedikt Koep verpasste aus wenigen Metern das Tor (11.) und scheiterte mit einem Kopfball am Innenpfosten (68.). Patrick Lienhard ließ sich in der 59. Minute zu viel Zeit, als er sich aussuchen konnte, ob er in die freie linke oder rechte Ecke zielen soll. "Es ist Wahnsinn, was wir heute und in den vergangenen Spielen an Großchancen verballert haben", klagte SVE-Trainer Peter Rubeck, der die Fußballwelt nach dem Abpfiff nicht mehr verstand: "So bitter wie heute haben wir kein Spiel in der vorigen Saison verloren. Bis zur 80. Minute habe ich vom Gegner nicht viel gesehen. Für solch ein Spiel, das wir abgeliefert haben, muss man sich eigentlich belohnen."

Als Trier auf die Führung drängte, erzielte Sven Sökler nach Vorarbeit von Alexandre Mendy das 1:0 für den FCS (63.). Trier steckte die vergebenen Großchancen gut weg und drehte die Partie durch die ersten beiden Saisontreffer des eingewechselten Neuzugangs Daniel Hammel (70., 78.). Freuen konnte sich der 22-Jährige über seinen Doppelpack aber nicht - "weil wir in den letzten drei Minuten das Spiel dumm hergeschenkt haben".

Der FCS, bei dem Solomon Okoronkwo (Schubser gegen Dingels) und Peter Chrappan (hartes Foul an Mario Müller) am Rande von Platzverweisen standen, zeigte am Ende eine enorme Kaltschnäuzigkeit. Felix Luz köpfte mit all seiner Routine das 2:2 (89.), Filip Luksik nutzte in der Nachspielzeit die Kopflosigkeit der enttäuschten Trierer, die über weite Strecken den schwerfälligen Gast klar dominiert hatten.

"Eigentlich hätten wir mausetot sein müssen. Aber ich habe ein Gesicht bei meiner Mannschaft gesehen, das ich so noch nicht kannte. Sie war in den letzten Minuten willig, noch mal alles zu geben", sagte FCS-Trainer Falko Götz.

Zuvor war der Gast augenscheinlich schon demoralisiert. Dingels berichtete von einem Gespräch, das er mit FCS-Kapitänskollege Jan Fießer beim Stand von 1:1 während der zweiten von Schiedsrichter Nicolas Winter verordneten Zwangspause wegen Pyro-Einsatzes auf den Tribünen (siehe Hintergrund) führte: " Jan sagte mir, dass wir eigentlich 6:1 führen müssten und es vielleicht besser wäre, wenn abgepfiffen würde." Heiner Semar, Triers sportlicher Leiter, fühlte sich an das Champions-League-Finale 1999 erinnert, als der FC Bayern in den Schlussminuten gegen Manchester United den Sieg aus der Hand gab: "Bei uns ist am Samstag eine kleine Welt zusammengebrochen. So etwas passiert einem Fußballer wahrscheinlich nur einmal", sagte Semar.

"Der Stachel sitzt tief. Ich habe noch nie bitterer verloren. Das war ein großer Schock für die Mannschaft", stöhnte auch Koep. Er glaubt aber, dass die Mannschaft den empfindlichen Nackenschlag wegstecken werde: "Wir haben uns in der Kabine schon wieder gepusht." Schon am Mittwoch gibt’s das nächste wichtige Spiel - in der dritten Runde des Rheinlandpokals beim TuS Mosella Schweich (19.30 Uhr). Auch Semar ist überzeugt, dass das Team rasch wieder aufstehen wird: "Die Mannschaft ist noch stärker, als der Trainer und ich sie erachtet haben. Eine Schlussfolgerung aus dem Spiel gegen Saarbrücken ist, dass sie ganz vorne mithalten kann."


Reaktionen zum massiven Pyro-Einsatz: Überschattet wurde das Südwestderby von zwei längeren Unterbrechungen. Schiedsrichter Nicolas Winter pfiff die zweite Halbzeit mit elf Minuten Verspätung an. Grund war das Abbrennen von Pyrotechnik im Saarbrücker Fanblock. In der 70. Minute – nach Triers Treffer zum 1:1 – unterbrach Winter die Partie für weitere 15 Minuten. Auslöser war das Abbrennen von Pyrotechnik im Trierer Fanblock. Vom Unparteiischen gab es die klare Ansage, dass ein weiterer Pyro-Vorfall zum Abbruch der Partie geführt hätte.

Auf seiner Homepage nimmt der FCS Stellung: Der Verein „bedauert die Geschehnisse sehr. Jetzt gilt es, alle Informationen zusammenzutragen, um die Vorfälle aufarbeiten zu können“. Auch FCS-Trainer Falko Götz verurteilte das Abbrennen von Rauchbomben und Feuerwerkskörpern: „Das gehört nicht zum Fußball.“

Triers sportlicher Leiter Heiner Semar, reagierte ebenfalls enttäuscht. „Das ist eine Sache, die nicht geht, auch wenn uns die Unterbrechungen nicht aus dem Rhythmus gebracht haben. Das wird uns unnötig Geld kosten“, sagte Semar, der auf der Tribüne während des Spiels in ein Wortgefecht mit FCS-Anhängern involviert war. Eine offizielle Stellungnahme der Eintracht zu den Pyro-Vorfällen gab es bis Sonntagabend nicht.

Nach Angaben der Polizei wurden durch die Pyro-Einlagen mehrere Personen leicht verletzt. Insgesamt seien 71 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz und wegen Körperverletzung.

Aufrufe: 027.9.2015, 22:16 Uhr
Volksfreund / volksfreund.de Mirko BlahakAutor