2024-04-25T14:35:39.956Z

Spielvorbericht
Derbyfieber auf der Ostalb. Im Hinspiel blieb Normannia Gmünd Derbysieger. F.: Jablonski
Derbyfieber auf der Ostalb. Im Hinspiel blieb Normannia Gmünd Derbysieger. F.: Jablonski
VR Bank Bodensee-Oberschwaben

Ewig junges Ostalbderby Normannia Gmünd gegen TSV Essingen

Mit historischen Statistiken ist das so eine Sache: für die einen sind sie das Salz in der Suppe, für die anderen lediglich eine Serviette am Gratis-Buffet. Wie dem auch sei, die Vorfreude auf ein Derby bietet immer Gelegenheit, in der Historie zu schwelgen, auch wenn die Vergangenheit schon längst passé sein mag. Für die Verbandsligapartie gegen den TSV Essingen wurde wieder eigens im Normannia-Archiv gegraben.

1. FC Normannia Gmünd - TSV Essingen (Fr 18:00)
Schiedsrichter: Felix Maucher

Am Freitag gastiert der TSV Essingen aus dem „Grenzland“ zwischen den ehemaligen Landkreisen Aalen und Schwäbisch Gmünd beim Ligakonkurrenten 1. FC Normannia im Gmünder Schwerzer. Mitunter wird darauf verwiesen, dass zu einer Spielpaarung auch eine historische Note gehört, um aus einem reinen Nachbarschaftsduell ein prestigeträchtiges Derby zu machen. Und doch verdient auch diese Partie der Fußball-Verbandsliga das Prädikat „Derby“, hatte dieses „kleine Derby“ immerhin schon vor 70 Jahren Premiere – bereits 1946/47 traten beide Mannschaften in der Bezirksklasse Rems gegeneinander an, aus der Normannia unter Trainer Toni Kugler in die seinerzeit zweithöchste Spielklasse aufstieg.

Fassbare Daten liegen für die Partie am 23. Oktober 1955 vor. Es war die erste Normannia-Partie nach dem Tode des Ehrenvorsitzenden Hans Aich, zu dessen Gedenken die Begegnung bei den Klängen von „Ich hatt‘ einen Kameraden“ unterbrochen wurde. Essingen genoss damals den Ruf einer launischen und wankelmütigen Diva, die in einer Partie groß aufspielt um bei der nächsten wieder zu enttäuschen. So auch am 10. Spieltag in der 2. Amateurliga, in der Tabellenführer Normannia bereits zur Halbzeit den 3:1-Endstand sicherte. Betz eröffnete die Partie mit einem Solo vom Anspielpunkt weg zum gegnerischen Tor, wo er den Ball hart platziert unter die Latte ins Tornetz zu einem der schnellsten Treffer der Normannia-Historie jagte. Kurios: Auch die Normannia-Reserve siegte im Vorspiel mit 3:1, wobei auch hier schon zur Halbzeit das Endresultat feststand.

Ein weiteres Aufeinandertreffen fand am 10. März 1957 statt. Nach 6 Minuten gingen die Essinger in Führung, was für die Hausherren jedoch zum Ansporn wurde. Zwei Traumtore durch Rupp brachten die Schwerzerelf die Pausenführung, und in den folgenden 45 Minuten kreiselten die Normannen die Essinger Gäste förmlich an die Wand. Mit 6:1 wurden die Blau-Weißen wieder nach Hause geschickt, nachdem Peetz, Zeitler, Straube und wieder Rupp erfolgreich zum Halali bliesen. Bei den Reserven war das Resultat sogar noch eindeutiger: 9:0, und Horst Wanner durfte nach dem zwischenzeitlichen 7:0 das 100. Saison-Tor der Normannia-Reserve verbuchen.

Für die Essinger stand die Begegnung vom 22. September 1957 unter schlechten Vorzeichen. Einerseits gab man in der Vorwoche eine 4:1-Halbzeitführung aus der Hand und verlor das Heimspiel gegen Viktoria Wasseralfingen mit 4:6. Auf der anderen Seite unterlag die Reserve im Vorspiel der zweiten Normannia-Garnitur mit 1:6. Auf dem Normannia-Acker hatte der TSV folglich nichts zu bestellen, ihr ansonsten gefürchteter Mittelstürmer Deininger blieb blass. Immerhin schindete er noch einen Strafstoß für den TSV heraus, der zum einzigen Essinger Treffer führte. Aber da stand es bereits 6:0 für die Normannia, die am Ende mit 9:1 ihren höchsten Sieg über den Nachbarn feierte. Rupp (2x), Hierholz, Peetz, Split, Zeitler, Liebig und Wandres sowie ein Eigentor der Gäste standen am Ende im Spielbericht.

Erst 25 Jahre später kam es wieder zu einem Punktspiel im Schwerzer. Normannia, frisch aus der Landesliga abgestiegen, galt am 7. November 1982 als Favorit des 13. Spieltages der Bezirksliga, wo man mit nur einer Saisonniederlage hinter Tabellenführer TSGV Waldstetten auf Platz 2 lag. Die Punkte gegen den TSV Essingen waren fest eingeplant, aber so leicht wollte es der Gast nun auch wieder nicht machen. Die Normannia hatte regelrecht „Sand im Getriebe“, und nachdem Ziegler die Essinger in der 30. Minute in Führung brachte, gelang Werner Maier noch kurz vor dem Pausenpfiff der schmeichelhafte Ausgleich. Erst in der zweiten Spielhälfte kamen die Schwerzerkicker vor Ihren Fans groß raus, bekam man den TSV Essingen in den Griff. Mit Treffern von Wicker, einem Kopfballtor von Bühler sowie einem Bombenschuß von Senze in der 86. Minute blieb man verdienter Sieger im Derby.

Nach dem Abstieg der Essinger aus der Bezirksliga dauerte es diesmal 32 Jahre, ehe der TSV Essingen die Normannen zum Punktspiel besuchte. Was den Fußball-Großvätern 57 Jahre zuvor und den Fußball-Vätern 32 Jahre in der Vergangenheit versagt blieb, das machten die Enkel am 29. November 2014 mit einem 3:1-Auswärtssieg im Schwerzer verdient wieder wett. Ex-Normanne Stani Bergheim brachte Essingen nach 20 Minuten in Führung, die in der zweiten Spielhälfte durch Daniel Queiroz Serejo und einem FCN-Eigentor auf 3:0 ausgebaut wurde, ehe Timo Zimmer noch der Ehrentreffer gelang. Besonders bitter vor 360 Zuschauern war für den FCN das verletzungsbedingte Ausscheiden von Patrick Krätschmer.


2014 mußte Patrick Krätschmer im Derby verletzt ausscheiden. F: Sigel
2014 mußte Patrick Krätschmer im Derby verletzt ausscheiden. F: Sigel

Am 4. Mai 2016 ärgerte Daniel Eisenbeiß die Normannen. Vor 580 Zuschauer versenkte der er nach nur 44 Sekunden den Ball im Normannia-Netz, womit er nach 61 Jahren das Normannia-Blitztor von Walter Rupp „rächte“. Vorausgegangen war allerdings die Abseitsdiskussion, die vom Schiedsrichterassistent sogar angezeigt, vom Schiedsrichter jedoch nicht gepfiffen wurde. Bei diesem 1:0 blieb es dann auch nach 94 Minuten Spielzeit, und Essingens "Fußball-Enkel" blieben im Normannia-Stadion weiterhin ungeschlagen. Aber gerade das letzte Heimspiel zeigte den Fußballanhängern wieder eine Derbybrisanz, die Autor und Journalist Hardy Grüne folgendermaßen umschrieb: „Beim Derby willst Du nicht nur, dass Deine Mannschaft gewinnt! Du willst auch, dass die andere Mannschaft verliert!“

Anpfiff der Begegnung ist am Freitag um 18 Uhr im Schwerzer. Bereits um 16:45 Uhr versammelt sich die Fangruppe „Der 12. Mann“ gemäß dem Motto „Glotze aus, Stadion an!“ am oberen Marktplatz, um gemeinsam zum Normannia-Stadion zu marschieren. Gäste sind willkommen.

Die Leitung der Partie obliegt Schiedsrichter Felix Maucher. Sein Vorgänger aus Wernau im Jahre 1982 kam 15 Minuten zu spät, da er das Normannia-Stadion nicht fand. Das sollte Maucher nicht passieren: er leitete schon einmal eine Verbandsligapartie im Schwerzer, Normannia siegte 4:1 über Nagold.

Die bisherigen Heimspiele des 1. FC Normannia Gmünd gegen den TSV Essingen:

23.10.1955: 3:1 (3:1) - 2. Amateurliga
10.03.1957: 6:1 (2:1) - 2. Amateurliga
22.09.1957: 9:1 (3:0) - 2. Amateurliga
07.11.1982: 4:1 (1:1) - Bezirksliga
29.11.2014: 1:3 (0:1) - Verbandsliga
04.05.2016: 0:1 (0:1) - Verbandsliga

Gesamt: 6 Spiele – 4 Siege – 0 Unentschieden – 2 Niederlagen, 23:8 Tore

Torrekorde für die Ewigkeit? Walter Rupp erzielte gegen Essingen im Schwerzer 5 Tore, Manfred Peetz insgesamt 3. Die Wahrscheinlichkeit, dass Rupp in der nächsten Partie vom Normannia-Thron gestossen wird, ist sehr gering. Timo Zimmer, der einzige Torschütze der jüngeren Zeit, spielt mittlerweile bei der TSG Hofherrnweiler.

Aufrufe: 027.4.2017, 19:30 Uhr
Spätzleskick / Hansjürgen JablonskiAutor