2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinsnachrichten

Manchmal klare Kante bekennen

FUSSBALL: Nach 30 Trainerjahren geht Peter Rottmann als Meistermacher in den sportlichen Ruhestand

Kirchlengern. Der Kreis hat sich standesgemäß geschlossen. Am 6. Juni stand Peter Rottmann das letzte Mal als Trainer des FC RW Kirchlengern an der Seitenlinie. Mit dem 3:2-Sieg beim TuS Lohe verabschiedeten sich die Rot-Weißen als Landesliga-Aufsteiger aus der Fußball-Bezirksliga und Rottmann ging als Meistercoach in den selbst gewählten sportlichen Ruhestand – nach über drei Jahrzehnten an der Linie.

Davor war der heute 60-jährige Rottmann auch selbst aktiv am Ball gewesen. Gebürtig aus Gohfeld, kickte er seinerzeit beim dortigen FC in der Jugend. „Ich war nicht völlig talentfrei“, berichtet Rottmann in der ihm eigenen launigen Art über die Zeit, in der er es an der Seite des später beim FC St. Pauli und 1. FC Köln erfolgreich im Trainerstab arbeitenden Klaus-Peter Nemet in die Kreis- und auch die Westfalenauswahl schaffte. TuRa Löhne wurde auf den jungen Mittelstürmer aufmerksam und holte ihn in den damaligen Landesligakader. Bald jedoch kehrte Rottmann zu seinem aufstrebenden Stammverein zurück, der bis in die damalige dritte Liga durchstartete. Dafür sollte es für den Stürmer aber nicht reichen. Der studierte inzwischen Deutsch, Sozialwissenschaften und Sport für das Gymnasial-Lehramt in Bielefeld. „Dann kamen mit 23, 24 zwei schwerere Knieverletzungen. Da wird man als Sportstudent vorsichtig, es geht schließlich um den späteren Beruf“, nennt Rottmann einen Grund, warum er auf dem Fußballplatz kürzer trat. Sportlich landete er nun beim TuS Lockhausen – und wurde dort heimisch. So lebt der zweifache Familienvater mit seiner Ehefrau Marion, mit der er seit 34 Jahren verheiratet ist, bis heute im Bad Salzufler Vorort. „Das wäre wohl nicht passiert, wenn ich hier keine Freunde gefunden hätte“, sagt Rottmann.

Anfang der 1980er Jahre übernahm er als Trainer den Bielefelder B-Kreisligisten TuS Union Vilsendorf, und führte den Klub überraschend im Entscheidungsspiel zur Meisterschaft. Der benachbarte TuS Jöllenbeck wurde auf den ehrgeizigen jungen Coach aufmerksam und überzeugte den damals 31-Jährigen zum Wechsel. „Der TuS war zu dieser Zeit ein A-Ligist mit Ambitionen. Und in meinem ersten Trainerjahr dort sind wir in die B-Liga abgestiegen“, sagt Rottmann. Doch der Verein hielt an seinem Trainer fest – und wurde belohnt. Jöllenbeck stieg sofort wieder auf und schaffte in der Serie 1987/88 den Durchmarsch in die Bezirksliga. „Eine der schönsten Zeiten meiner Trainerlaufbahn“ nennt Rottmann seine Zeit beim TuS, die er selbst nach drei Jahren auf eigenen Wunsch beendete. „Ich finde eigentlich immer, dass es nach drei Jahren reicht und Zeit für neue Impulse ist“, sagt der Coach, der etwa mit dem SC Bad Salzuflen drei Jahre in der Bezirksliga oben mitspielte, mit TuRa Löhne dreimal in Folge Vizemeister in der Kreisliga A wurde und nun auch bei RWK aus eigener Veranlassung nach drei Jahren ausgeschieden ist.

Nur einmal wurde Rottmann dieser Maxime untreu. Und das für einen langen Zeitraum von neun Jahren. So lange saß er beim SV Löhne-Obernbeck auf der Trainerbank. Und auch diesen Verein führte er 2008 mit einem blutjungen Team völlig überraschend zum Kreismeistertitel und Bezirksliga-Aufstieg. Zwei Jahre später folgte aber mit dem Abstieg des SVLO eine große Enttäuschung. „Wir sind mit einem positiven Torverhältnis abgestiegen. Das allein zeigt schon, dass die Mannschaft ganz klar die Qualität für den Klassenerhalt hatte. Zudem hatte der Rückzug des VfL Klosterbauerschaft Mitte der Serie im Vergleich zu den Konkurrenten wichtige Punkte gekostet“, blickt Rottmann zurück. Allerdings hat er gelernt, mit sportlichen Enttäuschungen umzugehen. „Die gibt es im Laufe von so vielen Jahren doch immer. Ich bin als Trainer beispielsweise auch mit dem SV Werl-Aspe aus der Landesliga abgestiegen, habe mit dem TuS Lockhausen die Bezirksliga-Meisterschaft nach einer Saison mit nur einer Niederlage erst durch ein 1:2 im Entscheidungsspiel gegen den TuS Bad Driburg verpasst oder bin beim Bezirksligisten TuS Helpup nach nur einem halben Jahr zur Winterpause entlassen worden. Es gibt eben auch Konstellationen, da passt es einfach nicht zusammen.“

In Kirchlengern passte es schließlich noch einmal perfekt. „Die sportliche Leitung dort arbeitet großartig, und der Zusammenhalt im Team war außergewöhnlich. Außerdem griffen viele Rädchen ineinander. So haben wir zum Beispiel mit Rob McLaren einen erstklassigen Physiotherapeuten, der uns meines Erachtens auch zehn Punkte geholt hat. Jetzt zählt Rot-Weiß zu den drei besten Mannschaften im Kreis Herford, das ist schon etwas. Nun muss das Ziel ganz klar Klassenerhalt lauten. Mehr sollte man nicht erwarten und den neuen Trainer Frank Ihde in Ruhe arbeiten lassen, auch wenn es einmal ein paar Niederlagen am Stück geben sollte“, sagt Rottmann.

Dass er sich nun mit 60 Jahren vom Fußball zurückzieht, hat zunächst einmal nichts mit dem Alter zu tun. „Wenn man innovativ bleibt und sich auch mit neuen Dingen auseinandersetzt, ist das kein Problem. Man kann sich weiter alles aneignen“, sagt Rottmann, der die Kunst des Trainers kurz auf den Punkt bringt: „Man muss zunächst den Einzelnen kennenlernen, dann kann man ein Team bilden. Und manchmal muss man klare Kante bekennen und auch unpopuläre Entscheidungen treffen können.“

Angebote höherklassig zu trainieren, hatte Rottmann in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls. Diese schlug er jedoch aus, auch weil er sich lieber beruflich weiterentwickeln wollte. „Das habe ich nie bereut“, sagt Rottmann, der nach einen Jahren im Schuldienst zum Arbeitsamt wechselte und seit 1999 für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, heute Deutsche Rentenversicherung tätig ist, heute in leitender Funktion. Beruflich denkt Rottmann denn auch noch lange nicht an den Ruhestand, den er nun sportlich gewählt hat. „Ich möchte einfach mehr selbst bestimmte Zeit für mich haben. Sehr schnell wird mir nicht langweilig werden. Aber wenn im Herbst die Abende wieder länger werden, denke ich sicher auch an die Zeiten auf dem Platz. Schließlich bin ich mit Leib und Seele Fußballer und Trainer.“

Aufrufe: 04.7.2014, 14:41 Uhr
Thomas Vogelsang/Foto: Björn KenterAutor