2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Finthens Henok Blume (Mitte) überzeugt mit Leistung.   Archivfoto: hbz/Schäfer
Finthens Henok Blume (Mitte) überzeugt mit Leistung. Archivfoto: hbz/Schäfer

"Ich muss einfach lernen, das zu ignorieren"

Finthens Henok Blume im FuPa-Interview über rassistische Beleidigungen und seinen Werdegang als Fußballer

Woche für Woche ist FuPa auf den Fußballplätzen in ganz Rheinhessen unterwegs. Und Woche für Woche gibt es jede Menge zu erzählen. Einmal pro Woche wollen wir einem Fußballer dazu die Gelegenheit geben: Immer wieder donnerstags präsentieren wir ein Interview mit einem Spieler aus der Ober-, Verbands-, Landes- oder Bezirksliga, der etwas Besonderes zu erzählen hat. Heute im Gespräch: der Offensivspieler von Fontana Finthen, Henok Blume.



Mainz. Er war auf dem besten Weg, im Landesliga-Fußballspiel gegen den VfR Grünstadt zum Mann des Spiels zu werden. Doch dann wurde Fontana Finthens Doppeltorschütze Henok Blume von einer Zuschauerin, die dem Anhang der Gäste zuzuordnen war, mit der Titulierung als „schwarzer Mann“ provoziert. Im Fupa-Interview berichtet der 21-Jährige darüber, wie er die Szene erlebt hat – und was sich sonst noch so auf den Sportplätzen im Südwesten abspielt.

Henok, wie hast Du den Moment erlebt, als die Zuschauerin Dich als „schwarzer Mann“ bezeichnet hatte? Du bist ja verständlicherweise ziemlich aus dem Sattel gegangen...

In solchen Situationen reagiere ich leider sehr heftig. Der Grund ist dabei nicht unbedingt die Wortwahl. Es ist ja so, ich bin ein schwarzer Mann. Und ich habe schon deutlich Schlimmeres gehört. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mich da zurücknehmen muss. Danach war ja ein Bruch im Spiel, wir haben nach 2:1-Führung noch 3:4 verloren. Wobei ich es selbst eigentlich nicht so erlebt habe, dass mich die Szene komplett aus dem Spiel genommen hat.

Deutlich Schlimmeres – gibt es da eine Tendenz?

Früher hatte ich nie Probleme, aber ich habe das Gefühl, in den letzten zwei Jahren ist es schlimmer geworden. Ich möchte gar nicht wiedergeben, was da alles gesagt wird, das ist mir zu primitiv. Ich muss einfach lernen, es zu ignorieren.

Aber es klingt doch absurd, wenn einige Idioten Dich beschimpfen und Du dann derjenige sein sollst, der daraus Lehren zieht.

Natürlich gehört so was nicht auf den Fußballplatz und nirgendwo hin. Aber ich möchte den Leuten keine Plattform bieten, indem ich mich darüber ärgere oder meine Leistungen darunter leiden. In erster Linie hinterfrage ich mich selbst, denn ich kann ja nicht ändern, was andere machen. Dass ich anders reagieren muss, habe ich auch mit der Mannschaft besprochen. Wobei ich mir wünschen würde, dass auch die Schiedsrichter strenger reagieren. Mir ging es gegen Grünstadt ja auch nicht um die Wortwahl, sondern um das, was dahinter steckt. An der Reaktion der Zuschauerin habe ich gemerkt, dass sie gar nicht darüber nachgedacht hatte.

Man nimmt ja gemeinhin an, dass die Menschheit schlauer wird. Was denkst Du, warum häufen sich die Fälle?

Ich habe das Gefühl, dass es durch all die Berichte über Asylanten, die nach Deutschland kommen, und über die Kriege verstärkt wird. Ich bin in Deutschland geboren, aufgewachsen und fühle mich auch als Deutscher. Ich bin in Budenheim auf die Grundschule und dann auf's Theresianum gegangen, jetzt studiere ich Wirtschaftswissenschaften in Mainz. Nirgends hatte ich bislang Schwierigkeiten. Ich habe nicht einmal ein Problem damit, wenn jemand ein Problem mit meiner Abstammung hat. Dann soll er mir das sagen, und ich lasse ihn in Ruhe.

Gab es auch positive, unterstützende Reaktionen?

Ja! Die Grünstädter Spieler haben direkt reagiert und kamen auch nach dem Spiel zu mir, das war in Sachen Fairness sehr lobenswert. Aber ich möchte für so etwas auch kein Mitleid.

Es gibt ja allerlei Aktivitäten der Fußball-Verbände, wo dann Plakate hochgehalten und Fähnchen geschwenkt werden gegen Rassismus. Bringt das was, gerade bei denjenigen, die sich rassistisch äußern?

Die erreicht man nicht mehr, diese Leute sind unbelehrbar. Ich denke, Rassismus ist eine Frage der Erziehung. Es ist auch schade, dass dann über so was mehr berichtet wird als über sportliche Leistungen.

Wäre Totschweigen eine Alternative?

Sicherlich nicht, man muss darüber sprechen. Nur sollte es nicht so sein, dass es das Eigentliche, nämlich das Sportliche, überragt.

Also zum Sportlichen. Wie war Dein Werdegang bisher, was hast Du für Ziele?

Ich habe in Budenheim, wo ich wohne, angefangen und bin dann in der C-Jugend zur Fontana gewechselt, wo ich seitdem spiele. Wir haben ja inzwischen einige Eigengewächse hier, viele auch, die zwischendurch weg waren und nun zurückgekommen sind. Von der Philosophie des Vereins, auf junge, eigene Spieler zu setzen, die ja schon unter Werner Orf begann, habe ich auf jeden Fall profitiert. Wir legen zunächst den Fokus auf die Landesliga, wollen nicht mehr gegen den Abstieg spielen und irgendwann dann auch höherklassig, ist ja klar. Aber den Bundesligatraum haben wir glaube ich alle hinter uns gelassen.

Wo siehst Du Deine Stärken und Schwächen?

Ich fühle mich auf den offensiven Außenbahnen sehr wohl, obwohl ich eigentlich im Zentrum ausgebildet wurde. Bisher habe ich eigentlich gedacht, dass mein Torabschluss noch nicht ganz so gut wäre, aber das konnte ich gegen Grünstadt ja widerlegen.

Aufrufe: 028.8.2014, 05:00 Uhr
Torben SchröderAutor