2024-05-31T10:52:53.652Z

Allgemeines
„KGaA und e.V. gehören zusammen“: Saki Stimoniaris.
„KGaA und e.V. gehören zusammen“: Saki Stimoniaris. – Foto: IMAGO/Ulrich Wagner

E-Mail-Angebot für Ismaik: Die verfeindeten 1860-Lager kommen sich plötzlich näher

Verwaltungsrats-Casting in der Löwen Alm

Verlinkte Inhalte

Beim Infoabend in der Löwen Alm tauschen sich die beiden 1860-Lager aus, ohne sich inhaltlich groß anzunähern – oder doch?

München – Nach drei unterhaltsamen Stunden in der Alm blieb vor allem diese Frage offen: Wie haben die Löwen diese Dramaturgie hingekriegt? Dass Loskugeln zielsicher dort landen, wo sie die größte Wirkung entfalten, kannte man bisher nur von FIFA-Ziehungen – oder von der Zaubershow des Münchner Magiers Alexander Krist. Ähnlich groß war das Staunen im Publikum am Donnerstagabend.

Die Idee der Veranstalter von Pro1860 war, dass der Zufall bestimmen soll, in welcher Reihenfolge sich die Kandidaten für den Verwaltungsrat präsentieren. Wer geredet hat, fischt eine Kugel aus der Trommel, schraubt sie auf und verliest den Namen desjenigen, der als Nächstes dran ist. 19 von 24 Kandidaten waren beim Infoabend in der Holzhütte anwesend, und schon in den ersten Runden hatten sich auf diese Weise reizvolle Konstellationen ergeben.

Klaus Josef Lutz entschuldigt sich erneut für verbale Entgleisung in Unterhaching

Zum Beispiel, als früh am Abend Klaus Josef Lutz auf einem der Hochstühlen landete. Mit ihm auf dem improvisierten Podium saßen Sascha Königsberg und Sebastian Seeböck, die aktuellen Vorsitzenden des Verwaltungsrats. Ex-Baywa-Chef Lutz, aktuell Präsident der IHK, repräsentiert wie Martin Gräfer, der in Runde drei dran war, das vor einem halben Jahr gegründete „Bündnis Zukunft 1860“, beide wollen einen anderen Weg gehen als der bisherige Verwaltungsrat. Enger Austausch mit Investor Hasan Ismaik und mit Macht zurück in die 2. Liga steht auf der Agenda des von Pro1860 kritisch gesehenen „BZ60“.

Obwohl der Abend außergewöhnlich gesittet ablief, wurde das Promi-Duo gründlich vom Publikum in die Mangel genommen. Lutz entschuldigte sich proaktiv dafür, dass er Ultras beim Derby in Unterhaching als „Abschaum“ bezeichnet hatte. „Ich gehöre zum Abschaum und nehme Ihre Entschuldigung nicht an“, brüllte ein Fan ins Mikro: „Die Quittung bekommen Sie hoffentlich am 16. Juni!“ Das ist der Tag der Wahl.

Saki Stimoniaris und Nicolai Walch gemeinsam auf der Bühne

Auch Martin Gräfer von Hauptsponsor „Die Bayerische“ bekam kritische Fragen gestellt. Weil sein Wahlkampf arg professionell wirkt, vermuten viele, dass eine PR-Agentur im Hintergrund die Fäden zieht. „Das ist Lobbyismus“, sagte ein Redner vom Fanclub „Löwenheimat Giesing“, dem Co-Veranstalter. Gräfer jedoch kann vor allem professionell reden. „Wahlkampf“ sehe er gar nicht, sagte er, sondern sein Engagement als „Angebot, das ich den Mitgliedern mache. Insofern: keine Wahlkampf-Finanzierung durch Dritte.“ So weit, so emotional-informativ. Aber das war noch gar nichts gegen das große Finale.

Der Zufall in Form der übrig gebliebenen Loskugeln wollte es, dass in Runde vier exakt jene Protagonisten auf den Hochstühlen landeten, die für die größten Gegensätze stehen: Saki Stimoniaris als Chef des Aufsichtsrats und Sprachrohr Ismaiks. Und Nicolai Walch als enger Vertrauter von Präsident Robert Reisinger. Beide sitzen auch im paritätisch besetzten Gesellschafter-Beirat – und nun geschah Erstaunliches.

„Es war absolut wichtig, dass mal miteinander und nicht nur übereinander gesprochen wurde.“

Fazit von Stefan Markt zum Abend auf der Löwen Alm.

Walch berichtete, wie die Stimmung im Beirat kippte – obwohl er anfangs sowohl mit Ismaik-Anwalt Andrew Livingston und Stimoniaris („Den Saki hab ich eh sehr lieb“) ausgekommen sei. Die salbungsvollen Worte von Stimoniaris („Ich erlebe es jeden Tag: KGaA und e.V. gehören zusammen“) griff er auf und schlug vor, Ismaik zu einer der nächsten Sitzungen einzuladen. „Wollen wir gemeinsam eine E-Mail schreiben?“, fragte Walch, und Saki antwortete nach kurzem Überlegen: „Wir machen es! Ich habe heute das erste Mal gehört, dass Nicolai mich lieb hat. Danke dafür!“

Bei Walchs Vorstoß, Stimoniaris auch gleich einen schnellen Beiratsbeschluss für den Bau der für den e.V. wichtigen Turnhalle abzuringen, mauerte Stimoniaris zwar, doch wer weiß, ob hinter der comedyreifen E-Mail-Nummer am Ende nicht doch die Chance auf eine echte Annäherung lauert. Der 16. Juni wird zeigen, wie kompatibel e.V., Bündnis, Ismaik-Unterstützer und „Stadion-Clique“ (selbstironische T-Shirt-Aufschrift) sind. Stefan Markt, einer der Ausrichter, zog jedenfalls ein positives Fazit: „Es war absolut wichtig, dass mal miteinander und nicht nur übereinander gesprochen wurde. Viele Meinungen werden durch Blogs vorgefertigt. Der Abend hat auch dazu beigetragen, sich mal ein Bild von anderen Meinungen zu machen und die Löwenfans einander näherzubringen.“ (Uli Kellner)

Aufrufe: 018.5.2024, 14:56 Uhr
Uli KellnerAutor